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kaufen der Bauern Grundbesitz erwerben, um sich möglichst durch eigenen
Rübenbau zu sichern und unabhängig zu machen. Prof. Bartoš hat hierüber
reiche und erschreckende Daten gesammelt.
Auch die Pachtung der großen Güter durch Juden neben dem Ankauf sol-
cher nimmt immer größere Dimensionen an. Daneben wirken sie noch demo-
ralisierend durch den Branntwein, Wucher usw.
Die Fortschritte der Sozialdemokratie unter den Fabriksarbeitern sind
schon bedenklich genug. An sich aber noch nicht die höchste Gefahr, weil sie
lokal beschränkt sind. Sobald sie aber in Verbindung mit dem proletarisier-
ten Landvolk tritt, dann Gnade Gott.
Der kommende Weltbrand, welchen die durch den Abfall von Gott mit
Blindheit geschlagenen Machthaber und Volksmassen nicht vorhersehen,
wird, wie ein Wissender, Lord Beaconsfield (Disraeli), vor wenig[en] Jahren
sagte, von den geheimen Gesellschaften, den Freimaurern, geschürt und
herbeigeführt.
Schon am 14. Jänner 1818 schrieb der Kardinal Consalvi1587 dem Fürsten
Metternich:
„Die Dinge gehn durchaus nicht gut und ich finde, teurer Fürst, daß wir
uns viel zu sehr von den einfachsten Vorsichtsmaßregeln lossprechen. Ich
spreche hier in Rom täglich zu den europäisch[en] Gesandten von den künf-
tigen Gefahren seitens der Geheimen Gesellschaften, welche der kaum wie-
derhergestellten Ordnung drohn, und ich muß finden, daß man mir mit der
kindlichsten Sorglosigkeit antwortet. Man bildet sich ein, dass der Heilige
Stuhl zur Ängstlichkeit geneigt sei, und verwundert sich über die Mahnun-
gen, die uns von der Klugheit eingegeben werden. […] Eines Tages werden
die ältesten Monarchien von ihren Verteidigern verlassen sein und sich auf
Gnade und Ungnade an einige Intriganten der untern Klasse ausgeliefert
finden, weil man sich nicht herablässt, diesen Elementen einen Blick prä-
ventiver Aufmerksamkeit zu schenken.“1588
Zwanzig Jahre später, 1838, mahnte der damalige preußische Gesandte in
Rom, der Historiker Niebuhr, nicht minder eindringlich in einer denkwürdi-
gen Prophezeiung, die sich irgendwo in diesen Blättern findet.
Und jetzt 1883? Was ist geschehn?
1587 Marchese Ercole Consalvi (1757–1824), Kardinalstaatssekretär ab 1800, auf Geheiß
Napoleons 1806 enthoben, 1814 wiederernannt.
1588 Aus einer Schrift Vogelsangs zitiert; vgl. Erwin Bader (Hg.), Karl von Vogelsang. Die geis-
tige Grundlage der christlichen Sozialreform, Wien 1990, 85.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115