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nachzuweisen, genügt es, die allgemein üblich gewordene Trennung der Be-
griffe Adel und Volk zu betrachten.
Alle Tage kann man es hören, dass gesagt wird: „Ja, der oder jener Edel-
mann, obgleich er nicht aus dem „Volke“, sondern aus adeligem Geschlecht
hervorging, hat doch ein warmes Herz für dasselbe usw.“
So sagen die Freunde.
Die Feinde hinwiederum sagen: „Traut ihnen nicht, sie verfolgen ja nur
egoistische und Standesinteressen, jene des „Volkes“ sind ihnen fremd, sie
entstammen ja demselben nicht und dgl.“
Beide merken es gar nicht oder wollen es nicht merken, dass sie sich in
einem kolossalen Irrtum befinden.
Das Volk, oder richtiger die Gesellschaft, ist das Ganze, der Adel als so-
zialer Stand ein Teil derselben. In der ständisch gegliederten Gesellschaft
ist jeder einzelne Stand ein soziales Organ mit seiner bestimmten sozialen
Funktion, dem sozialen Amt. Gott hat nicht Adel und Volk, sondern den
Menschen erschaffen.
Der Stammvater eines adeligen Geschlechtes ward ja selbst erst geadelt,
und sein eigener Vater war es nicht, sondern gehörte gewiss nach dem mo-
dernen unsinnigen Sprachgebrauch dem „Volke“ an.
Wie kann man also sagen, der Adel gehe nicht aus dem Volke hervor?
Lösch, 6. Juli 1883
Bedenkliche Nachrichten von hiesigen Arbeitern der gemäßigten Fraktion
über unsern „Datensammler“ [Motz] erhalten. Er soll mit unsrem Gelde rei-
sen und es zu Agitationszwecken seiner radikalen Genossen verwenden. So
meldet man aus Sternberg. Vogelsang geschrieben.
Ingrowitz, 13. Juli 1883
Heute Briefe von Vogelsang und Zallinger erhalten. Der Erste schreibt, dass
Motz über meine Warnung wegen sozialistischer Agitation nicht mehr auf
Reisen geschickt wird.
Gestern schrieb mir auch der Minister Dr. Pražák und sandte einen Ent-
wurf zur Abänderung der Reichsratswahlordnung für Mähren, der böhmi-
schen nachgebildet.
Ingrowitz, 21. Juli 1883
Vogelsang geschrieben, es solle die Reise zur Sammlung der „Daten“ nach
dem von mir genehmigten Plan fortgesetzt werden.
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115