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LÖSCH, 12. NOVEMBER 1883 693
Dadurch wäre die Regierung nicht veranlasst, Stellung zu nehmen, und
wir gar nicht in der Lage, unsre Wahlkommission, resp[ektive] ihre Haltung,
zu avouieren oder zu desavouieren!
Ich bemerkte vorläufig: Wir könnten uns nur an der Wahl beteiligen,
wenn es uns möglich sei, durch Reklamation die Haltung unsrer Wahlkom-
mission anzuerkennen. Im widerspruchlosen Wählen läge schon die Des-
avouierung.
Allerdings habe die Bestimmung der Wahlordnung, dass vor Ablauf von
90 Tagen bei Erledigung eines Mandats die Wahl auf Grund der früher gel-
tenden W[ähler]liste angenommen werden soll, nur dann einen Sinn, wenn
damit ein beschleunigtes Verfahren bezweckt ist.
Dies könne uns jedoch nicht abhalten zu reklamieren, und könnten wir
erst nach Abweisung unsrer Reklamation – allenfalls mit der Motivierung
ihrer Unzulässigkeit –, also unter diesem Zwange, uns schlüssig machen,
zu wählen oder nicht zu wählen. Mit dieser Erklärung reiste der Statthalter
zurück nach Wien.
Man will dort einfach alles in der Schwebe lassen und nicht gegen Ungarn
sich stellen, und die Führer der Rechten [wollen] aus formellen Bedenken
einer Debatte ausweichen. Das Fazit ist, dass man beiderseits den Statthal-
ter samt uns sitzen lässt. Eine Lehre für die Zukunft, sich für sie nicht weit
vorzuwagen.
Höchstwahrscheinlich siegt bei der nächsten Wahl die Linke mit beiden
Kandidaten. Gelingt es in Wien, sie einem Kompromiss mit uns geneigt zu
machen, wonach einer von ihnen, der andre von uns gewählt würde – so ge-
winnen sie jedenfalls eine Stimme. So ging es bisher bei allen Wahlen mit
der einzigen Ausnahme der galizischen und jener im böhm[ischen] Gr[oß]
grundbesitz und den böhm[isch]nationalen Bezirken.
So kommt die Regierung mit der Rechten langsam, aber sicher in die Min-
orität, was Taaffe fast zu wünschen scheint.
Lösch, 12. November 1883
Wenn wir infolge der kaum mehr zu vermeidenden Mandatsniederlegung
unsrer am 27. Sept[em]b[er] Gewählten wieder zu einer Wahl gelangen, so
hat sie wenigstens das Gute, dass sich entweder die Linke zu einem Kompro-
miss mit uns herbeilässt oder unsre Niederlage etwas weniger sicher ist, als
sie dies an jenem 27. Sept[em]b[er] gewesen wäre. Nur dadurch, dass wir 4
ihrer Wähler als nichtberechtigt ausschlossen, siegten wir mit der Majorität
von einer Stimme.
Ich denke jedoch, sie können so gut zählen wie wir, und werden einen
Kompromiss umso weniger eingehen, als sie darauf zählen werden, dass eine
Anzahl konserv[ativer] Wähler sich kaum zum zweiten Mal einstellt.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
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- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
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- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115