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LÖSCH, 3. MAI 1885 737
Lösch, 27. April 1885
Heute ein Telegramm mit der Aufforderung erhalten, im Brünn-Eiben-
schitz-Wischauer Landgemeindenwahlbezirk für den R[eichs]rat zu kandi-
dieren. Gedankt und geantwortet, der böhmische Adel habe mir ein Mandat
angetragen.
Könnte man sich auf den Erfolg verlassen, wäre es wohl verlockend und
sogar verdienstlich, den schuftigen Kusý aus dem Felde zu schlagen.
Lösch. 1. Mai 1885
Nachmittag kamen Pospíšil und Hrudíčka1742 in Wahlangelegenheiten. Die
Bewegung greift immer weiter, und die Leute wollen gar nicht begreifen und
zugeben, dass ich außerhalb [von] Mähren gewählt werden konnte. Sehr eh-
renvoll und schmeichelhaft für mich, der es indes allem vorziehen würde,
ganz ruhig ein Mandat von böhm[ischem] Gr[oß]grundbesitz zu erhalten.
Wie sich jedoch die Lage gestaltet, sah ich mich veranlasst zu folgender
Erklärung: Ich habe den an mich ergangenen Antrag, ein böhmisches Man-
dat zu übernehmen, angenommen. Bin demnach gebunden, mein Wort ein-
zulösen und nirgends anderswo zu kandidieren.
Werde ich aber ohne meinem Dazutun in Mähren gewählt, so nehme ich
die Wahl an, wenn die Böhmen einen Ersatz für mich haben und mich mei-
nes Wortes entbinden.
Dies schrieb ich sogleich Karl Schwarzenberg1743 und Dr. Šrom.
Lösch, 3. Mai 1885
Schon um 8 U[hr] morgens eine Bauerndeputation (Umlášek aus Sokolnitz
und Kosík aus Vážan) empfangen, welche dringend baten, ich möchte das
Mandat von ihnen annehmen und wieder ihr Vertreter sein. Ich sagte unter
der neulich erwähnten Bedingung zu.
Das Vertrauen der armen Leute ist so ehrenvoll als rührend und ein rei-
cher Lohn für manche Mühen und Opfer. Was könnte der Adel sein, wenn er
seine Stellung und Pflicht begreifen und seine so leicht zu erringende Macht
zu benützen verstände?
1742 Alois Hrudíčka (1843–1912), Religionsprofessor an der tschechischen Brünner Real-
schule, seit 1884 Redakteur des Hlas; 1890 Pfarrer in Trebitsch, später Pfarrer und
Dechant in Telč.
1743 Im Brief an Karl Schwarzenberg vom 1.5.1885 schrieb Belcredi, es gereiche ihm zur be-
sonderen Ehre, „vom geistig und materiell mächtigsten Teil unseres Adels“ (sprich: den
böhmischen Fideikomissbesitzern) mit einem Mandat betraut zu werden; zwischen der
Wahl in den mährischen Landgemeinden und der im böhmischen Großgrundbesitz lägen
vier Tage, die allenfalls Gelegenheit böten, einen Ersatzmann zu kandidieren.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115