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WIEN, 18. APRIL 1888 843
Lösch, 5. April 1888
Sozialdemokratische Agitatoren fangen an, Landvolk und Bauern gegen Kle-
rus und Adel zu hetzen. Wäre jetzt vielleicht Zeit, meine Landtagsreden und
Anträge für den Bauernstand zu drucken und in wohlfeiler Ausgabe zu ver-
breiten? Deshalb heute Dr. Pospíšil geschrieben.
Lösch, 6. April 1888
Auf die Anfrage Bar[on] Vogelsangs umgehend geantwortet, dass Artikel des
Vaterland, auf welche die Aufmerksamkeit des Publikums besonders hinge-
leitet und welchen eine weite Verbreitung gegeben werden will, durch Pla-
kate kundzumachen seien.
Bezeichnend für die gemeine Denkungsart der Menschen ist, dass das um-
laufende Gerücht, Taaffe fühle sich in seiner Stellung bedroht und suche sich
einen Statthalterposten zu sichern (natürlich unter einem Ministerium der
liberalen Linken!), vielfach geglaubt und gar nicht anstößig gefunden wird!
Allerdings war er schon Mitglied des Bürgerministeriums und Statthalter
in Tirol unter Lasser, genannt Auersperg!
Lösch, 7. April 1888
Im hiesigen Kloster herrscht unter den armen Nonnen wegen der Beru-
fung einer andern Kongregation dahin [nach Ingrowitz] helle Verzweiflung.
Alle schwimmen in Tränen und lassen es sich nicht ausreden, dass es eine
Schande für sie sei.
Wien, 11. April 1888
Von 19 Abgeordneten des böhmischen Gr[oßg]rundbesitzes waren in der
gestrigen Sitzung des Abg[eordnetenh]auses nur 8 anwesend. Es herrscht
ein jämmerlicher Mangel an Ernst und Pflichtgefühl, Dr. iur. E[ugen] Czer-
nin – der auch fehlte, sagte einmal: „Ich ließ mich doch nicht wählen, um zu
arbeiten!“ Es ist eine Misere.
Wien, 14. April 1888
Mit meinem 84-jährigen alten Freunde, dem Fürsten Hugo Salm, scheint es,
zu Ende zu gehen. Seit dem 1. d. M. ist er bedenklich krank.
Wien, 18. April 1888
Eben ließ mich Siegfried Salm aus dem Český klub rufen, um mir zu sagen,
dass sein Vater Fürst und Altgraf Hugo zu Salm-Reifferscheidt-Krautheim
heute Nachmittag gestorben sei. Mit ihm ist uns und dem Lande ein echter
katholischer Edelmann und mir ein treuer Freund und Bekannter seit 1858
in ein besseres Leben geschieden. R. i. p.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115