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Wien, 25. November 1888
Um 12 U[hr] nachhause, um mit dem Administrator des Vaterl[an]d2049 zu
sprechen, dann zu Leo Thun, der 3-mal sagte, er resigniere, um es ebenso oft
zu widerrufen.
Endlich erklärte er mir, morgen definitiv seinen Entschluss schriftlich
mitteilen zu wollen.
Der arme Alte war tief bewegt und trennt sich gar schwer von einem Un-
ternehmen, dem er so viele und große Opfer durch 28 Jahre brachte.
Wien, 26. November 1888
Endlich heute sandte Leo Thun seine Resignation. Wieder aber mit Vorbe-
halten, zögernd und schwankend, weil er neuestens voll Misstrauen gegen
mich geworden ist und in mir eine Art von Usurpator und Thronräuber
sieht. Sein altes Gehirn ist schon bedenklich wirr und krank.
Um den Anfang mit der Neuordnung zu machen, schrieb ich ein „Überein-
kommen“ nieder, in welchem die Rechte und Pflichten der leitenden Personen
sowie der Redaktion deutlich umschrieben sind. Von mir und Alf[red] Liech-
tenstein gefertigt, sende ich es morgen zu gleichem Zweck an Vogelsang.
Wien, 27. November 1888
Vogelsang geschrieben und das „Übereinkommen“ zugeschickt.
Wien, 28. November 1888
Vogelsang schickte das „Übereinkommen“ noch nicht zurück. Sollte er nicht
einverstanden sein?
Blome sagte mir heute, Leo Thun habe ihm gesagt, ich hätte mich gegen
ihn „empört“!
Später kam dieser selbst ins Reichsratsgebäude, um mir zu sagen, Richard
Clam habe ihm einen wunderschönen Aufsatz zum 2. Dezember2050 geschickt,
ich möchte ihn lesen und Weiteres verfügen, er wolle mit der Redaktion
nichts mehr zu tun haben. Also worum ich ihn heute brieflich gebeten.
Wien, 29. November 1888
Früh Vogelsangs Zustimmung zum „Übereinkommen“ erhalten.2051 Am Vor-
mittag denselben besucht und Nötiges besprochen.
2049 Dr. Karl Eicke.
2050 Das 40-jährige Jubiläum des Regierungsantritts Kaiser Franz Josephs.
2051 Vogelsang lobte das „wohl durchdachte Operationsstatut“ und wünschte sich (28.11.1888)
bloß noch einen „Sitz-Redakteur“, der bei Presseprozessen die Verantwortung zu über-
nehmen hätte; außerdem hielt er es für notwendig, dem „neuen Schönerer’schen Blatt“,
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Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115