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LÖSCH, 3. DEZEMBER 1892 1011
gen die andern Klubmitglieder, Hohenwart ist natürlich disgustiert und will
zurücktreten usw.
Hohenwart war mir immer eine befremdliche politische Erscheinung.
Als Katholik hat er sich weder während seiner kurzen Ministerschaft
noch seiner langen parlamentarischen Karriere prononciert. Als wir im Ab-
geordnetenhaus die Majorität hatten, galt er als Führer derselben. Gespro-
chen hat er aber, obgleich sehr gut, meines Erinnerns nur zweimal in den
12 Jahren!
Seine große, oft erfolgreiche Tätigkeit spielte sich immer hinter den Ku-
lissen ab.
Für einen „Führer“ nicht ausreichend.
Auch in der liberalen „Linken“ soll es in allen Fugen krachen.
Doch „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.“
In Ungarn aber geht es immer bedenklicher abwärts!
Nun ist dort der Württemberger Wekerle2362 – also der echte „Schwab“ –
Ministerpräsident.
Lösch, 26. November 1892
Mein Neffe Louis ist abermals, wie bei jeder Unterbrechung der Sitzungen
in Wien, hier.
Das ist aber gerade die geeignetste, oft einzige Zeit zur Arbeit!
Das ist auch so ein Dutzendabgeordneter, den ich bedaure, zur Wahl vor-
geschlagen zu haben.
Lösch, 29. November 1892
Allen Mischmasch beruft Taaffe ins Herrenhaus. Nur an Rieger denkt er nie!
Lösch, 3. Dezember 1892
Welche blinde Leidenschaft, den Jungtschechen, den Todfeinden der Linken,
bei der Abstimmung über den Dispositionsfonds im R[eichs]rat zur Majorität
zu verhelfen!2363
Man konnte da auch den deutschen Minister loswerden.
2362 Sándor Wekerle (1848–1921), ungarischer Finanzminister 1889–1892, Ministerpräsident
1892–1895, 1906–1910, 1917/18; vgl. Géza Andreas von geyr, Sándor Wekerle 1848–1921.
Die politische Biographie eines ungarischen Staatsmannes der Donaumonarchie (= Süd-
osteuropäische Arbeiten, 91), München 1993, 27. Sein Urgroßvater stammte aus einer
vorderösterreichischen Enklave in Württemberg.
2363 Der Dispositionsfonds wurde am 2.12.1892 mit 167 Stimmen gegen 146 Stimmen abge-
lehnt. Anlass der neuerwachten Gegnerschaft war die Antwort Taaffes auf eine Anfrage
Schwarzenbergs, die eine Wiederbesetzung des Postens Pražáks in Aussicht stellte. Die
Abstimmung hatte den Rücktritt Kuenburgs zur Folge; vgl. Jenks, Iron Ring, 289.
Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Titel
- Die Tagebücher des Grafen Egbert Belcredi 1850–1894
- Autoren
- Lothar Höbelt
- Johannes Kalwoda
- Herausgeber
- Jiří Malíř
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20067-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 1144
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort und Editionsrichtlinien 7
- Siglen- und Abkürzungsverzeichnis 11
- Lothar Höbelt: Graf Egbert Belcredi – der „echte“ Konservative 15
- Jiří Malíř: Antonín Okáč – Leben und Werk des Herausgebers der
- Tagebücher und Korrespondenz Egbert Belcredis 39
- Bildtafeln 65
- Tagebuchaufzeichnungen 73
- 1850 75
- 1851 91
- 1852 104
- 1853 126
- 1854 145
- 1855 156
- 1856 170
- 1857 182
- 1858 189
- 1859 193
- 1860 195
- 1862 199
- 1863 212
- 1864 223
- 1865 255
- 1866 262
- 1867 307
- 1868 339
- 1869 353
- 1870 355
- 1871 356
- 1872 367
- 1873 375
- 1874 384
- 1875 400
- 1876 449
- 1877 497
- 1878 504
- 1879 530
- 1880 565
- 1881 589
- 1882 611
- 1883 653
- 1884 700
- 1885 728
- 1886 770
- 1887 793
- 1888 838
- 1889 881
- 1890 905
- 1891 945
- 1892 979
- 1893 1016
- 1894 1042
- Anhang 1059
- Anhang 1: Promemoria Graf Egbert Belcredis: Ideen zu einer
- Reform des Adels 1059
- Anhang 2: Promemoria Egbert Belcredis [zum Vaterland] 1067
- Anhang 3: Promemoria Graf Egbert Belcredis für den Brünner
- Bischof Franz Bauer 1074
- Wiederkehrende Wörter und Wendungen 1079
- Tschechisch 1079
- Lateinisch 1081
- Ortsnamenkonkordanz 1082
- Deutsch – Tschechisch 1082
- Tschechisch – Deutsch 1086
- Literatur und Nachschlagewerke 1091
- Namensregister (Auswahl) 1115