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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Rahmenbedingungen60 kritik, das sehr ambivalente Positionen zwischen dem Militär und Teilen der Zivil- bevölkerung auffächert.220 So stieß der „Zauber der Montur“221 bzw. der „Glanz der Montur“ sehr schnell und vielfach bereits dort an seine Grenzen, wo er „mit ge- genläufigen konkreten Bedürfnissen, Interessen und Leitbildern der Menschen in Konflikt“ trat.222 Wenngleich nicht wenige Menschen die k.  u.  k.  Armee ablehnten oder ihr zumindest Misstrauen entgegenbrachten223, so steht dennoch die lange vor dem Krieg einsetzende Militarisierung aus heutiger Sicht außer Frage. Letzt- endlich markieren beide Prozesse – sowohl die Ablehnung militärischer Gewalt als auch die (erzwungene, erduldete, arrangierte oder gewollte) Militarisierung – das sogenannte „nervöse Zeitalter“, als Europa sinnbildlich taumelte.224 Auch die Grazer Straßen trugen bereits weit vor 1914 ihre militarisierten bzw. gewaltsamen Züge225, die sich im Krieg graduell verstärkten und schließlich die Erste Repub- lik226 maßgeblich bestimmten: zwischen 1918 und 1934 wurde im Durchschnitt fast jede Woche eine Österreicherin oder ein Österreicher aus politischen Gründen getötet.227 Was aber nicht zu der Annahme verleiten darf, dass der Erste Weltkrieg grundsätzlich breite Bevölkerungsschichten „brutalisierte“ und autoritär werden ließ. Drittes Leitpanorama: Der Begriff „Heimatfront“ existierte bereits lange vor 1914. Im Ersten Weltkrieg wurde er jedoch erst ab der zweiten Kriegshälfte und selbst dann nur selten zur Beschreibung des Hinterlands herangezogen.228 Dieser Befund deckt sich mit meinen Recherchen, zumal ich nirgendwo in den hier heran- gezogenen Quellen (aus den ersten Kriegsmonaten) den Begriff „Heimatfront“ an- traf. Wenn in den Quellen von Graz und der Steiermark die Rede war, dann sprach man diesbezüglich von „Graz“, der „Steiermark“, dem „Kronland“, dem „Herzog- tum“, dem „Hinterland“, der „Heimat“, der „grünen Mark“229 oder dem „Vaterland“. 220 Hämmerle (2007). 221 Der Zauber der Montur, in: Arbeiterwille, 25.2.1914, 8. 222 Hämmerle (2005), 117. 223 Ebd., 118. 224 Zum Begriff „nervöses Zeitalter“ vgl. insbesondere: Radkau (1998), des Weiteren: Eckart (2014), 21–32; Ullrich (2003). Philipp Blom (22011) schildert aus meiner Sicht in seinem Buch „Der tau- melnde Kontinent. Europa 1900–1914“ sehr eindrucksvoll die damalige Atmosphäre zwischen den Staaten, den Milieus und den Geschlechtern. 225 Moll (2007a); (2007b) und (2006b). 226 Grundlegendes zur Ersten Republik in: Konrad/Maderthaner (2008). 227 Ich stütze mich hier auf: Botz (21983). 228 Vgl. den Lexikonartikel „Heimatfront“ von Martin Baumeister in: Hirschfeld/Krumeich/Renz (22014), 993–994. 229 Abschied!, in: Grazer Volksblatt, 11.8.1914 (12-Uhr-Ausgabe), 2.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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