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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Rahmenbedingungen62 „Heimat“ in den Krieg234, was dazu führte, dass sie diverse Grazer Alltagserschei- nungen lobten und andere Alltagsmomente dagegen stigmatisierten, kriminalisier- ten oder skandalisierten. Das Hinterland galt anfänglich in diesem „Volkskrieg“235 als ein von der Front separierter Ort, an dem zwar gelitten und gehungert, aber nicht getötet bzw. gestorben wurde. Mittlerweile ist die Forschung von dieser An- sicht definitiv abgerückt.236 Zu Kriegsbeginn schien aber das Hinterland durch sein „Aufopfern“, „Dienen“ und „Pflegen“ mehr ein passiv unterstützender Zulieferer der Front zu sein als ein aktiver und ebenso kriegsentscheidender Part. Mit der Front verband man üblicherweise das Kämpfen, Töten, Beschützen und Sterben. Und aus diesem (damaligen) Blickwinkel war sie somit wichtiger und leidgeplagter als das Hinterland. Des Weiteren arbeiteten Forscherinnen und Forscher heraus, dass es nicht die eine spezielle Form der „Heimatfront“ gab und die unterschied- lichen Fronten und „Heimatfronten“ sowie die jeweiligen Etappen237 auch nicht unabhängig voneinander existierten. In vielen Regionen kam es zu massiven mili- tärischen Übergriffen auf die (fremde und/oder eigene Zivilbevölkerung).238 Graz wurde während des Kriegs nie zu einem Ort klassisch soldatischer Kampfhand- 234 Zunächst in den „Serbienkrieg“ und dann in den Weltkrieg. 235 Der Begriff „Volkskrieg“ fand sich mehrmals in den Quellen, vgl. allein Peter Roseggers Aussage: „Es sind nicht bloß Diplomatenkriege, es sind Volkskriege.“ Aus: Heimgärtners Tagebuch, in: Heimgarten (1914), Nr.  1, 59. Peter Rosegger sprach auch von einem „Völkerkrieg“, vgl. Heim- gärtners Tagebuch, in: Heimgarten (1914), Nr.  1, 66. Der Schriftsteller Peter Rosegger (1843– 1918) war und ist für viele Menschen eine „Leitfigur“ der Steiermark und darüber hinaus. Ihn attestiert(e) man von unterschiedlichen Seiten hohe Deutungskompetenz in allen Dingen. Zu Kriegsbeginn trat Rosegger in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift „Heimgarten“ sowie in Leitartikeln der bürgerlichen Presse vielfach in Erscheinung. Das erste auf den Krieg ausge- richtete „Heimgärtners Tagebuch“ (seine Kolumne im Heimgarten) ist im Gegensatz zu seinen vorkriegszeitlichen Kolumnen in Tagen aufgeschlüsselt. In der Vorkriegszeit blieb die Kolumne „Heimgärtners Tagebuch“ im Großen und Ganzen ein Essay, dessen jeweilige Absätze diverse Normen vorgaben. 236 Zur „genderline“ luzide: Latzel/Maubach/Satjukow (2011). Mein Geschlechterverständnis be- ruht auf der oft notwendigen „Politik der Unentscheidbarkeit“ von Joan W.  Scott, vgl. den eng- lischsprachigen Text und dessen deutsche Übersetzung in: Scott (2001). 237 Vgl. die Lexikonartikel „Etappe“ (Bruno Thoß) und „Etappenhelferinnen“ (Bianca Schönberger) in: Hirschfeld/Krumeich/Renz (22014), 465  f. Wichtige Bemerkungen auch in dem von der ÖAW herausgegebenen Sammelband „Die bewaffnete Macht“, vgl. exemplarisch: Wagner (1987) sowie prinzipiell den Buchindex. 238 Besatzungsregime, Flucht, Evakuierungen, Deportationen, Inhaftierungen bzw. Internierungen, Zwangsarbeit, Zwangsrekrutierungen, Angriffe auf Städte, Exekutionen, Plünderungen, sexuelle Gewaltformen, Seeblockaden, U-Boot-Krieg, Exil, Kunst- und Kulturzerstörung sowie der Geno- zid an den Armenierinnen und Armeniern. Siehe hierzu den dritten Band der „The Cambridge History of the First World War“, vgl. Winter (2014).
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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