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Geschichte
Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Intensive Julipolemik | 91 Wahlen zur Skuptschina (Skupština), die antiserbischen Ausschreitungen (Plünde- rungen von Geschäften, Kirchen und Schulen) sowie die weitgehend für bewiesen erachtete Beteiligung Serbiens am Attentat. Die Liste der neuen und neuaufgeroll- ten Themen ließe sich erweitern. Einig war sich die lokale Presse in ihrer scharfen Verurteilung des Attentats, in ihren wohlwollenden Nachrufen auf das Thronfol- gerpaar102 sowie in ihren Darstellungen über den neuen Thronfolger. Nach einer wenngleich nicht emotionalen, so doch politischen „Schrecksekunde“ begann dann die kaum steigerungsfähige Pressepolemik zwischen den einzelnen Redakti- onen. Unterschiedlich bewertet wurden zum Beispiel diverse Regierungsmitglie- der und Landesbeamte bezüglich ihrer Rolle in der Vergangenheit und Gegen- wart. Darunter Leon von Bilińsiki (gemeinsamer Finanzminister), Oskar Potiorek (Landeschef von Bosnien und der Herzegowina), Leopold Berchtold (Außenmi- nister) oder Victor von Hochenburger (k.  k.  Justizminister und ehemaliger stei- rischer Reichsratsabgeordneter).103 Als Beispiel hierfür kann auf die wöchentlich erscheinende Grazer Vorortezeitung verwiesen werden, die den ehemaligen Au- ßenminister Alois Lexa von Aehrenthal sowie Leopold Berchtold massiv für ihre „Südslaven[politik]“ kritisierte.104 Und die (deutschnationale) Deutsche Zeitung, das Parteiorgan der Pantz-Partei105, forderte den gemeinsamen Finanzminister zum Rücktritt auf: „Das System Bilinski müßte vom Standpunkte Oesterreichs der allerschärfsten Kritik unterzogen und seine Beseitigung verlangt werden, denn es ist schwer bloßgestellt und jede Stunde, die es weiter dauert, ist eine Schande für die Monarchie.“106 Es ist hier sicherlich nicht zielführend, die einzelnen Grazer Po- sitionen zu den historischen „Altlasten“ darzulegen. Die unterschiedlichen Positi- onen wurden mittels scharfer Pressepolemik entlang der seit Jahren bestehenden Grazer Frontstellungen verteidigt.107 So richtete sich das publizistische Kreuzfeuer des Arbeiterwillens massiv gegen die bürgerliche Presse und gegen das seit 1882 personell und administrativ dem Ministerratspräsidium unterstellte k.  k.  Telegra- phen- und Korrespondenzbureau.108 Kaum ein anderer Artikel brachte dies so gut 102 In den Nachrufen kritisierte man nicht Franz Ferdinand. In anderen Artikeln kritisierte man sehr wohl seine Politik. 103 Vgl. die ungedruckte (und leider oft unberücksichtigte) Dissertation von: Bachmann (1972). 104 Zum Tode des Thronfolgerpaares, in: Grazer Vorortezeitung, 5.7.1914, 1. 105 Zur kleinen, deutschnationalen Pantz-Partei siehe: Thonhofer (2013) und die dort zitierte Fach- literatur. 106 Die südslavische Frage im ungarischen Parlament, in: Deutsche Zeitung, 19.7.1914, 2, 3. 107 Vgl. dazu auch: Bachmann (1972). 108 Zum Hintergrund vgl. den Text „Diplomatie und Pressepolitik 1848–1918“ von: Kammerhofer (1989), 491–495. Ferner die von Olechowski (2006) angeführte Literatur und die von ihm ge- nannten Zensurverordnungen. Zudem die Monografie von: Czech (2010).
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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