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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen270 ner Teil der Grazer Bevölkerung den Andrang ausmachte. Die Presse ließ jedoch jenen Menschen, die „größere“ Geldsummen abhoben, enorme Aufmerksamkeit zukommen, da der Andrang in ihren Augen eine Bedrohung für die Aufrechter- haltung von „Ruhe und Ordnung“ darstellte. Schließlich konnten die Redaktionen nicht abschätzen, wie lange der Andrang ungefähr dauern würde. Seit den „stür- mischen Einlagenrückforderungen“90 betonte die Presse daher täglich die Sicher- heit der Spareinlagen. Außerdem versuchte sie Gerüchte und Spekulationen über eine bevorstehende Geldentwertung zu zerstreuen. Zudem kritisierte sie diejeni- gen, die derartige Gerüchte verbreiteten, scharf. Dass das Spekulieren nicht völlig unbegründet war, erkennt man daran, dass die Österreichisch-Ungarische Bank91 zu Kriegsbeginn Metallgeld einzog, Papiergeld vermehrt ausgab, den Bankzinsfuß anhob und die Währungsdeckung (Währungsbindung) durch Gold sukzessive re- duzierte und schlussendlich zur Gänze aufhob.92 Die Zeitungen berichteten von diesen finanzpolitischen Schritten des Staats.93 Die Schlagzeilen der Sicherheitsgarantien, die die Grazer Presse vorrangig zwi- schen 25.  Juli und 6.  August produzierte, umfassten rhetorische Fragen, wie „Sind die Raiffeisenkassen sicher?“ oder „Sind die Sparkassen sicher?“.94 Außerdem finden sich Beruhigungsappelle, wie ,,Keine Angst!“ oder Beschwichtigungsversu- che, wie „Beruhigung der Sparer“.95 Ferner schlugen sich finanzielle Ängste und Sorgen in der Briefkastenrubrik nieder. Die Fragen drehten sich hauptsächlich um die Steuerpflicht, die Unterstützungskonditionen, die Inflation sowie um die Sicherheit der Geldinstitute. Selten stellte man Fragen bezüglich der Wertpapiere. Im August antwortete beispielsweise das Volksblatt in ihrem „Briefkasten“ kurzat- mig: „Verkaufen sie die Papiere nicht. Es ist noch nichts verloren.“96 Im Oktober antwortete das Tagblatt in seiner Rubrik „Briefkasten der Schriftleitung“ knapp: „Besorgter Wertpapierebesitzer. Wir glauben, daß die Sorge völlig überflüssig ist.“97 Im „Briefkasten der Redaktion“ des Arbeiterwillens lautete die Antwort einmal: „Selbstverständlich bezieht sich das Moratorium auch auf solche Schul- 90 Mahnung an die Spareinleger, in: Arbeiterwille, 30.7.1914 (Abendausgabe), 2. 91 Gewissermaßen der Vorläufer der Österreichischen Nationalbank. 92 Ich stütze mich hier auf: Höck (2014), 205–209; Sandgruber (1995), 327–330; Moll (1998/99), vereinzelt auch auf: Baltzarek (1973). 93 Vgl. z.  B. Erhöhung des Bankzinsfußes, in: Arbeiterwille, 27.7.1914, 3. 94 Siehe exemplarisch: Sind die Raiffeisenkassen sicher?, in: Grazer Volksblatt, 26.7.1914, 5. Vgl. parallel: Sind die Raiffeisenkassen sicher?, in: Kleine Zeitung, 27.7.1914, 6. 95 Keine Angst!, in: Grazer Tagblatt, 28.7.1914, 4; Beruhigung der Sparer, in: Grazer Volksblatt, 30.7.1914, 2. 96 Briefkasten, in: Grazer Volksblatt, 7.8.1914, 7. 97 Briefkasten der Schriftleitung, in: Grazer Tagblatt, 6.10.1914 (2.  Morgenausgabe), 7.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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