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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen280 brauchen die Soldaten, so die einzelnen Stellungnahmen, kein Geld. Dem Verord- nungsblatt der Statthalterei lässt sich entnehmen, dass die Geldbriefe vorwiegend vom einkommensschwächeren Milieu abgeschickt wurden, da es meistens um Be- träge von 1 oder 2 Kronen ging.163 Abseits dieser (unverderblichen) Geldbriefe kri- tisierte die Presse diejenigen Feldpostpakete, in denen sich (verbotenerweise) Le- bensmittel, Alkohol und entzündliche Gegenstände, wie Zündhölzer, befanden: „Obwohl die Bevölkerung [...  mehrmals] und eindringlich aufmerksam gemacht wurde, daß in Feldpostpakten keine Eßwaren verschickt werden dürfen, sind in der letzten Zeit wieder Feldpostsendungen mit Eßwaren in ungemein großer Zahl zur Aufgabe gebracht worden.“164 Daran zeigt sich deutlich, dass man das Erfüllen eigener Interessen (sprich die Sorge um einen nahestehenden Soldaten) als wichti- ger als die Observanz staatlicher Vorgaben einstufte. Denn ansonsten hätten nicht so viele Menschen das – unter Strafe stehende – Verbot des Versendens von ver- derblichem Essen, Alkohol und Streichhölzern übertreten.165 Dort, wo die Zeitun- gen an das Zündhölzer-Verbot erinnerten, wiesen sie teilweise darauf hin, dass es bereits zu Zugbränden gekommen war. Anfang Oktober 1914 brannte in Gratwein nahe Graz der Postbeiwagen eines Personenzugs ab. Gründe hierfür wurden zwar nicht genannt, aber es stand fest, dass „ein großer Teil der eingelagerten Postsen- dungen“ verbrannte.166 Die Postsendungen umfassten Lebensmittel und Wintersa- chen, die hauptsächlich für das 26.  Infanterieregiment bestimmt waren.167 Die Zugbrände168 führten den Menschen vor Augen, dass nicht alles, was an die Front geschickt wurde, dort tatsächlich ankam. Nur wenige Tage nach dem Zugunglück in Gratwein kam es zu einem noch verheerenderen Güterzugunglück. In der Bahn- station von Peggau entgleisten fast 30 Waggons eines Güterzugs, die „teilweise mit Militärgut“ beladen waren.169 Die Zeitungen kritisierten mehrmals den Umstand, dass Frauen und Männer kleinere Esswaren, wie Schokolade oder Kekse, in die 163 Geldsendungen an Mannschaftspersonen der Armee im Felde, Erlass der Statthalterei vom 9.9.1914, in: Verordnungsblatt der k.  k.  steiermärkischen Statthalterei (16.9.1914), 320. Zusätz- lich dazu: Unnötige Geldsendungen an die Mannschaftspersonen im Felde, in: Grazer Tagblatt, 4.9.1914 (Abendausgabe), 2; Ueberflüssige Geldsendungen an die Mannschaft, in: Grazer Mit- tags-Zeitung, 7.9.1914, 3. 164 Feldpostsendungen mit Eßwaren, in: Grazer Mittags-Zeitung, 14.11.1914, 3. 165 Vgl. z.  B. Verbot des Einschlusses entzündlicher Gegenstände in Feldpostsendungen, in: Arbei- terwille, 9.8.1916, 6. 166 Brand eines Postpaketwagens, in: Grazer Tagblatt, 9.10.1914, 3. 167 Zum Brande des Postpaketwagens in Gratwein, in: Grazer Tagblatt, 9.10.1914 (Abendausgabe), 3. 168 Vgl. z.  B. Die Brandunfälle bei Feldpostsendungen, in: Grazer Mittags-Zeitung, 4.12.1915, 3. 169 Eisenbahnunfall. Neunundzwanzig Waggons in der Station Peggau entgleist und zertrümmert, in: Grazer Volksblatt, 19.10.1914 (12-Uhr-Ausgabe), 3.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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