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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen334 mal das Risiko, selbst in den Strudel der jeweiligen Auseinandersetzung zu geraten, äußerst hoch war. Die Schlägereien und/oder Stichwaffenattacken endeten meis- tens mit Verhaftungen. In diesen Fällen wurden die festgenommenen Personen auf die nächstgelegene Wache gebracht. Das Abführen wurde dabei von Männern und Frauen begleitet, die oft so lange vor der Wache warteten, bis sie den Ausgang der Amtshandlung erfuhren. Die Presse führte ein ganzes Bündel an Gründen an, warum man letztendlich zusammengeschlagen werden konnte. Einige Menschen wurden (ungeplant und unangekündigt) verprügelt, weil sie zuvor auf der Straße oder in einem Gast- oder Kaffeehaus ein Verbaldelikt begangen hatten (z.  B. „Gott gebe unseren Brüdern, den Serben, den Sieg“444). Andere wiederum weigerten sich, ein „patriotisches“ Lied mitzusingen oder bei der Kaiserhymne aufzustehen. Das wurde von einigen Personen als Affront aufgefasst, den es als solchen sofort und gewaltsam zu ahnden galt.445 Obendrein wurden Menschen von Zivilpersonen und Soldaten zusammengeschlagen, weil sie als Spione oder „Serbenfreunde“ gal- ten. Andere gerieten in einen handgreiflichen Streit mit der Sicherheitswache, als diese die Einhaltung der Sperrstunden kontrollierte. Wieder andere stritten sich mit dem Wirt oder der Wirtin, als es um das Zahlen der Rechnung ging: „Wie der Polizeibericht mitteilt, verübte gestern abends ein Gefreiter in einer Speisehalle im 5.  Bezirk wegen Begleichung der Zeche arge Ausschreitungen, bedrohte das Perso- nal, [...  sodass es] aus dem Lokale flüchten mußte. Als er von einem herbeigerufenen Wachmann aufgefordert wurde, das Lokal zu verlassen, leistete er nicht nur keine Folge, sondern setzte sein exzessives Benehmen fort, zog gegen den Wachmann sein Bajonett und drang auf diesen ein, [...  sodass] der Wachmann gezwungen war, seinen Säbel zu ziehen. Zwei als Gäste anwesende Zugsführer und Infanteristen [...], welche aufgefordert wurden, auf den Gefreiten beschwichtigend einzuwirken, ergriffen für diesen Partei und nahmen ebenfalls gegen die Wache Stellung. Als schließlich der Gefreite auf die Straße gedrängt wurde, kam eine Militärpatrouille, die den Exzedenten der Hauptwache über- stellte. Der Exzeß rief ein großes Aufsehen hervor und hatte eine größere Menschenan- sammlung zur Folge.“446 444 Vom Landwehrgericht, in: Grazer Tagblatt, 21.11.1914 (2.  Morgenausgabe), 7. 445 Ein interessanter Ehrenbeleidigungsprozeß, in: Grazer Mittags-Zeitung, 27.1.1915, 4. Ein weite- rer Fall findet sich in: Marburg. (Kleine Ursachen – große Wirkung.), in: Arbeiterwille, 4.8.1914, 5. Zum Hintergrund: Moll (2007a), 454–458. 446 Exzeß, in: Grazer Mittags-Zeitung, 2.12.1914, 4.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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