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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen336 Zeitung für ihre Pflicht erachtet [...], gegen solche Exzesse, die mit Patriotismus wahrlich nichts zu tun haben, aufzutreten und die Bevölkerung von einer Lynch- justiz zu warnen, die nicht bloß Schuldige, sondern sogar Unschuldige trifft!“454 Sollten die „Exzesse“ weitergehen, wäre dem Arbeiterwillen zufolge „selbst der ru- higste Staatsbürger seines Lebens nicht [mehr] sicher, denn jeder kann irgendei- nem ‚verdächtig‘ vorkommen!“455 Der Arbeiterwille setzte hier seine energische Kritik an dem aus seiner Sicht falsch gelebten „Patriotismus“ fort, die er bereits Anfang Juli mehrmals gegen die antiserbischen Ausschreitungen am „Balkan“, al- len voran in Sarajevo, äußerte. Während die bürgerliche Presse zur Gänze das Be- gehen eines Verbaldelikts mit der Gesinnung einer Person gleichsetzte, führte der Arbeiterwille gelegentlich die Verbaldelikte auf den Alkoholkonsum zurück. Kaum ein anderer Artikel hat diese Meinung so prägnant in Worte gefasst wie der Artikel „Der Alkohol – Serbienhochrufer!“ vom 4.  August: „In den letzten Tagen wurde eine große Zahl von Männern geprügelt und verhaftet, weil sie, und zwar in den meisten Fällen in alkoholisiertem Zustande, ‚Hoch Serbien!‘ riefen.“456 Weiter hieß es im Text: „Wiederholt wurde die Wahrnehmung gemacht, daß die Betreffenden kurz vorher ‚Hoch Österreich!‘ riefen und sich dann in den fortwährenden Ausru- fen versprachen und ‚Hoch Serbien!‘ riefen.“ Daher – so die Mahnung: „Hütet euch vor dem Alkohol!“457 Ob dies nun in einigen oder wie es der Arbeiterwille kolportierte in vielen Fällen so zutraf, lässt sich nicht bestimmen. Artikel, in denen darüber berichtet wurde, dass Steirerinnen und Steirer wegen ihres „Alkoholdusel[s] zum Serbenfreund“ wurden, finden sich jedoch des Öfteren.458 Aufgrund des da- maligen „übermäßigen Alkoholgenusses und seiner Folgeerscheinungen“459 ver- legte der Grazer Stadtrat die einzelnen Sperrstunden des Gast- und Schankgewer- bes zeitlich nach vorne. Seit Mitte August galten für die (sechs) Grazer Stadtbezirke folgende Sperrstunden: für Gasthäuser (24  Uhr), für Kaffeehäuser (2  Uhr früh), für Kaffeeschenken (23  Uhr), für Branntweinschenken (an Wochentagen 19  Uhr 454 Ein furchtbares Opfer der Spionenfurcht, in: Arbeiterwille, 11.8.1914, 2. 455 Ebd. 456 Der Alkohol – Serbienhochrufer!, in: Arbeiterwille, 4.8.1914, 4. 457 Ebd. 458 Im Alkoholdusel zum Serbenfreund, in: Arbeiterwille, 10.11.1914, 6. 459 Kundmachung betreffend Sperrstunde der Gast- und Schankgewerbe, Kundmachung des Grazer Stadtrats vom 15.8.1914, in: Amtsblatt der landesfürstlichen Hauptstadt Graz (20.8.1914), 392: „Der Ernst der politischen Lage, der Zustand der öffentlichen Sicherheit und die mit Rücksicht hierauf getroffenen Ausnahmsverfügungen, endlich die mit dem Kriege verbundene allgemeine wirtschaftliche Lage lassen zur Hintanhaltung des übermäßigen Alkoholgenusses und seiner Fol- geerscheinungen beitragende Maßnahmen dringend geboten erscheinen.“ Vgl. auch: Die Sperr- stunde der Gast- und Schankgewerbe, in: Grazer Tagblatt, 17.8.1914 (Abendausgabe), 4.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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