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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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Über die „Sprachbereinigung“ | 347 spielsweise eine der letzten Aufmunterungen, die man im Krieg noch verspüren könne: „‚Glücklicher Mensch‘, der jetzt sonst keine Sorge hat, als den Menschen von den wenigen Erbauungen auch noch einige zu verekeln.“507 Darüber hinaus besitze aus Sicht des Arbeiterwillens sowieso nur das bürgerliche Milieu (und hier in erster Linie die Journalisten- und Akademikerkreise, die fernab der „ei- gentlichen“ Front stehen würden) einen Umbenennungseifer, besser gesagt einen „Umbenennungsgeifer“. Die bürgerlichen Grazer Zeitungen waren sich einig, dass eine „Sprachbereinigung“ notwendig sei. Schließlich trage sie zur „Läuterung“ der Menschen bei. Dieser „Katharsis“ musste zwangsläufig eine Abgrenzung von der skandalisierten Lebensweise der einzelnen Kriegsgegner vorausgehen. In manchen Artikeln sprach man diesbezüglich von der „Unkultur“ des Gegners. In anderen Artikeln hieß es einfach nur, dass der Gegner eine niedere, oberflächlichere Kul- tur besäße. Auf der bürgerlichen Tagesagenda stand daher das „Ausmerzen“ aller französischen und englischen Wörter, wie „Adieu“ oder „Pardon“ aus der „deut- schen“ Sprache. Im besten Falle käme es dann dazu, dass kein Fremdwort mehr mit Ausnahme des Wortes „Franktireur“ verwendet werden würde.508 Der Grund, warum man das Wort „Franktireur“ nicht „eindeutschen“ könne, liege darin, dass „kein Deutscher solch Schandbube“509 sein könne, wie es der „Franktireur“ sei. In welchem Ausmaß es belgische „Partisanen“ („Franktireurs“/„Freischützen“), die sich gegen den deutschen Einmarsch wehrten, gab bzw. ob es überhaupt belgische „Partisanen“ während des deutschen „Vormarschs“ gab, ist für meine Fragestellung weniger von Bedeutung. Die Angaben der Fachliteratur hierzu variieren stark.510 Für die Grazer Presse stand jedoch fest, dass es „Franktireurs“511 gab. Die von den bürgerlichen Redaktionen geforderte „Sprachbereinigung“ konnte nur ansatzweise durchgeführt werden. Dieser Umstand soll rückblickend nicht die bürgerliche „Reinigungserwartung“ schmälern. Immerhin lässt sich der Appell zur Umbenen- nung oftmals greifen. Dennoch blieben viele der „Reinigungsforderungen“ unge- hört. Das prominenteste Beispiel hierfür ist zweifelsohne die Tatsache, dass man – wenngleich gefordert – die mit französischen Begriffen durchzogene Militär- 507 Ebd. 508 Der Franktireur, in: Grazer Tagblatt, 24.9.1914 (Abendausgabe), 4. 509 Ebd. 510 Siehe des Weiteren: Liemann (2014) und (2013). Das österreichisch-ungarische „Pendant“ zum „Franktireur“ war der serbische „Komitatschi“, über den ebenfalls widersprüchliche Angaben in der Fachliteratur vorliegen. Zum Bild des „Komitatschi“ in den Grazer Zeitungen vgl. folgende zwei pejorative Artikel: Wie der Komitatschi kämpft, in: Grazer Volksblatt, 24.9.1914 (18-Uhr- Ausgabe), 2; Ein hundertjähriger Komitatschi, in: Grazer Tagblatt, 15.11.1914 (2.  Morgenaus- gabe), 4. 511 Vgl. z.  B. Totengräber und Franktireur, in: Grazer Mittags-Zeitung, 9.10.1914, 4.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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