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Geschichte
Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen370 sierten in den Tagen darauf ihren Erstbericht, indem sie die genaue Adresse, wo sich der Vorfall ereignet hatte, veröffentlichten.621 Im ersten Kriegsjahr kam es zu unzähligen und situativ entstandenen Schläge- reien. Zivilisten, Männer wie Frauen, schlugen sich mit Zivilisten. Zivilisten schlu- gen sich mit Soldaten. Soldaten schlugen sich mit Soldaten. Ferner berichtete die Presse, dass Soldaten mit den (zivilen) Bürgerwehren aneinandergerieten.622 An- fang August wurde beispielsweise in der Annenstraße ein Reservekorporal mit sei- ner Frau von einem Herrn angerempelt und beschimpft.623 Nach Wortattacken von beiden Seiten wurde der Mann, der sich gegen den Reservekorporal stellte, von mehreren Zivilisten bewusstlos geschlagen. In einem anderen Fall „stänkerte“624 ein Gemüsehändler zu später Stunde mehrere Soldaten vor einem Gasthaus an, worauf diese ihn „heftig“ zusammenschlugen. Mitte August widersetzte sich ein Friseur in der Annenstraße seiner Verhaftung (aufgrund kleinerer Strafdelikte), indem er sich auf den Boden warf und dabei vorbeiziehende Soldaten unentwegt beschimpfte.625 Andere Vorfälle endeten damit, dass der Soldat sein Bajonett oder seinen Säbel zog und zustieß. Einem Artikel zufolge mokierte sich ein Hilfsarbeiter über einen Soldaten so lange, bis dieser sein Bajonett zog und auf den Hilfsarbei- ter losging.626 Letztendlich überwältigten und verhafteten vorbeiziehende Militärs den Soldaten. An einem anderen Tag beschimpfte ein Soldat in einem Gasthaus einige Mitglieder der Grazer Freiwilligen Feuerwehr.627 Auf der Wache setzte er offenbar „sein exzessives Benehmen fort“, da er dem Artikel zufolge mit seinem Säbel „[herum]fuchtelte“.628 Anfang August stieß ein Reservist einem Tagelöhner gar das Bajonett in den Bauch, sodass diesem „die Gedärme heraustraten.“629 Ob die Zeitung hier übertrieb oder nicht, ist für mich nebensächlich. Ich möchte bloß darauf hinweisen, dass die Grazer Zeitungen fast täglich derartige Artikel brach- ten. Anfang September wurde beispielsweise einem Tagelöhner „von unbekannten 621 Eine nächtliche Szene, in: Grazer Tagblatt, 3.9.1914, 3: „Man ersucht uns, mitzuteilen, daß der im gestrigen Abendblatte unter dieser Spitzmarke geschilderte Vorfall sich in und vor dem Hause Granatengasse 1 abgespielt hat.“ Vgl. parallel: Eine nächtliche Szene, in: Grazer Volksblatt, 4.9.1914 [Morgenausgabe, Nr.  422], 4. 622 Siehe das Kapitel: Neue Wachposten. 623 Ein Anrempler verprügelt, in: Grazer Volksblatt, 5.8.1914 (Abendausgabe), 4. 624 Von Reservisten geprügelt, in: Arbeiterwille, 3.8.1914 (Abendausgabe), 4. 625 Eine schwierige Arretierung, in: Arbeiterwille, 19.8.1914, 4. 626 Ein rabiater Reservist, in: Arbeiterwille, 31.8.1914 (Abendausgabe), 4. 627 Folgen des Alkohols, in: Arbeiterwille, 17.9.1914 (Abendausgabe), 4. 628 Ebd. 629 Kleine Chronik, in: Grazer Volksblatt, 4.8.1914, 6.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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