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Vor 1918
Graz 1914 - Der Volkskrieg auf der Straße
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| Alltag und Einheitsprüfungen384 digte den Schusswaffengebrauch der Wachposten regelmäßig. So riet zum Beispiel das Volksblatt nach einem Zwischenfall beim Garnisonsgericht (Paulustor), wo ein Wachposten aufgrund einer „verdächtige[n] Wahrnehmung“ Schüsse abgegeben hatte, dass man in der Nacht das Paulustor sowie den nahegelegenen Stadtpark und den Schlossberg meiden sollte.717 Und auch der oben zitierte Artikel über den Zwischenfall beim Andritzer Wasserwerk machte die Bevölkerung „nochmals auf- merksam“, dass „sämtliche Wachtposten mit unnachsichtlicher [sic] Strenge vorge- hen müssen.“718 Zusätzlich zu den redaktionseigenen Appellen zum zivilen Gehor- sam gegenüber den Wachposten druckten die Zeitungen und Zeitschriften auch jene behördlichen Verordnungen, denen zufolge „das Stehenbleiben auf Brücken und Stegen sowie unter solchen, ferner auf Bahnübergängen und Verkehrswegen, die unter einem Bahnkörper hindurchführen, streng verboten“ war.719 Dabei lassen sich aus der Retrospektive zwei zentrale Argumentationsstränge in puncto zivilen Gehorsam herausarbeiten. Der eine drehte sich um die zeitgenössische Vorstellung des „Standrechts“, der andere korrelierte mit den „unglücklichen“ Zusammenstö- ßen zwischen den Wachposten und Zivilpersonen. Bezüglich Ersterem sei hinzu- gefügt, dass die Presse oft das Bild eines omnipotenten und rigide praktizierten „Standrechtes“720 kolportierte, demzufolge man bereits wegen einer Kleinigkeit legitim „gerichtet“ werden könne. Diese Wahrnehmung entsprach nicht der tat- sächlichen Rechtslage, was jedoch nichts an der „nervenaufreibenden“ Erregtheit im Zuge der verzerrten Vorstellung hinsichtlich des Wirkungs- und Anwendungs- bereichs des „Standrechts“ änderte.721 Es sei vermerkt, dass zu Kriegsbeginn das Militärkommando Graz „das Standrecht lediglich für die Verbrechen der Verlei- tung oder Hilfeleistung zur Verletzung eidlicher Militärdienstverpflichtung, dem in der Praxis anfangs nur marginale Bedeutung zukam“, verhängte.722 Eine massive Ausdehnung seines Geltungsbereichs erfolgte Ende Mai 1915, als es generell gel- tend gemacht wurde.723 Nichtsdestoweniger wurde 1914 der Schusswaffengebrauch 717 Eine Warnung an Spaziergänger, in: Grazer Volksblatt, 23.8.1914, 5. 718 Achtung auf die Wachtposten, in: Grazer Mittags-Zeitung, 24.8.1914, 3. 719 Das Stehenbleiben auf den Brücken ist verboten!, in: Grazer Volksblatt, 12.8.1914 (12-Uhr-Aus- gabe), 3. 720 Die Wirkungen des Standrechtes, in: Arbeiterwille, 11.8.1914, 1. 721 Die Rechtslage wurde selbstverständlich auch vom Statthalter in Umlauf gebracht, vgl. nur: Ver- hängung des Standrechtes über Steiermark, Kärnten, Krain, das Küstenland, Görz und Gradiska, in: Grazer Tagblatt, 10.8.1914 (Abendausgabe), 2. Abseits der Zeitungen vgl. auch: Kundmachung der Statthalterei vom 8.8.1914, in: Amtsblatt der landesfürstlichen Hauptstadt Graz (10.8.1914), 390. 722 Moll (2000b), 311. 723 Ebd.
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Graz 1914 Der Volkskrieg auf der Straße
Title
Graz 1914
Subtitle
Der Volkskrieg auf der Straße
Author
Bernhard Thonhofer
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln- Weimar
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20569-2
Size
17.4 x 24.5 cm
Pages
510
Keywords
Steiermark, Weltkrieg, Styria, Landeshauptstadt, Heimatfront, Kriegsbegeisterung, Burgfrieden
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Rahmenbedingungen 15
    1. Forschungsgeschichte 15
    2. Forschungsstand 25
    3. Fragenhorizont 35
    4. Erkenntnisbarrieren 36
    5. Mikrohistorie 40
    6. Vier Leitpanoramen 52
    7. Argumentationsstrang 65
  2. Sarajevoer Attentat und Graz 69
    1. Vom „Balkanbrand“ 1912/13 69
    2. Der Begriff „Begeisterung“ in der politischen Sprache 76
    3. Grazer Gemeinderatswahlkampf 83
    4. Intensive Julipolemik 88
    5. Der „Demarche-Rummel“ 99
    6. Blick nach Ungarn und „Strafexpedition“ 105
    7. Fallende Börsenkurse 110
    8. Ultimatum an Serbien 112
    9. Lokalisierungsfrage 116
    10. Verregnete Grazer Straßen im Juli 119
    11. Zur Trauerstimmung 122
  3. Innenstadt und Bahnhof 135
    1. Kein Telefonnetz 135
    2. Abbruch der diplomatischen Beziehungen 138
    3. Die „patriotischen“ Straßenumzüge 144
    4. Offengelegte Zeitungspolitik 151
    5. Unklare Mobilisierungsplakate 154
    6. Antisozialdemokratischer Demonstrationszug 162
    7. Grazer „Feldlager“ 166
    8. Die letzten Tage im Juli 170
    9. Großbritannien und Italien 176
    10. Verspätete Zeitungen in der Provinz 185
    11. Nach dem Truppenabmarsch am 11. August 187
    12. Abschiedsszenen 194
    13. Kaiserfeiern rund um den 18. August 206
    14. Ein „Denkmalfrevel“ 212
    15. Kriegsdauer, Kriegsausgang und Kriegstechnologie 214
    16. Erste „Entscheidungsschlachten“ 222
    17. Präventivzensur 227
    18. Erste „Soldatenerzählungen“ 234
    19. Grazer Frauenhilfskomitee 245
    20. Transportkolonne am Bahnhof 252
  4. Alltag und Einheitsprüfungen 257
    1. Arbeitslosigkeit 257
    2. Andrang auf die Geldinstitute 267
    3. Ausstattungsfrage und Postämter 276
    4. Hamsterkäufe 284
    5. Mietzins 299
    6. Kirchen und Friedhöfe 303
    7. Verlustlisten 318
    8. Infiltrierendes „Spinnennetz“ 323
    9. Ausschreitungen 333
    10. Demonstrationen vor Geschäften 340
    11. Über die „Sprachbereinigung“ 346
    12. Modeboykott 354
    13. Soldaten abseits der Truppe 363
    14. Neue Wachposten 374
    15. Arbeiterhilfskorps für Graz und Umgebung 387
    16. Pfadfinder und Wandervogel 389
    17. Die „Soldatenspiele“ der Kinder 398
    18. Diebstahl und Betrug 404
    19. Verbliebene „Kriegsfreizeit“ 412
  5. Schlussbetrachtung 423
    1. Stadtlandschaft im „Volkskrieg“ 423
    2. Grazer Einheitsbildung 428
    3. Einheitsgruppen 431
    4. Notwendige „Heimatfront“ 434
    5. Einheitsbrüche 436
    6. Einheitsprüfungen 439
    7. Entscheidungshilfen 444
    8. Thesen 450
  6. Anhang 453
    1. Tafelteil: Orte des Geschehens 453
    2. Abkürzungen 461
    3. Quellen 463
    4. Literatur 467
    5. Bildnachweis 503
    6. Register 504
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