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4. GlokaleHipHop-Kultur: AnalysederösterreichischenHipHop-Szeneund ihrerMusik 231
lassensichauchindenBeatsvonGangsta-/StraĂźen-Rap-StĂĽckengewisseCharakteris-
tikaausmachen,diehäufigzufindensindundsomitals»typisch« fürdiesesSubgenre
genanntwerdenkönnen.Zugleichmuss gesagtwerden,dass diesemusikalischenEi-
genschaften–wenngleichtypischfürGangsta-/Straßen-Rap–häufiggenausoauchin
anderenSubgenresvorkommen.AlswichtigsteGemeinsamkeitvonGangsta-/StraĂźen-
Rap-SongsnenntAdamKrimsinseinerDefinitiondesGenresReality-Rap,zudemder
Autor auch Gangsta-Rap zählt, diemusikalische »hardness« (ebd.). Er definiert die-
sedurcheinendominantenBass,dieKombinationdissonanterTonhöhen (»dissonant
pitchcombinations«,ebd.) sowieSamples,die ihreeigeneDeformationunddenGrad
derReproduktion indenVordergrund stellen (vgl. ebd.). SeineBeobachtungenbezie-
hensichvorallemaufHipHop-Musikder 1990er Jahre–mit speziellemFokusaufdie
NewYorkerHipHop-Szene.DeshalbwĂĽrde ichvonseinerDefinitiondahingehendab-
weichen,dasseinerseitsSamplingoftmals imGangsta-Rapgarnichtmehrvorhanden
istundandererseitsdasverwendeteTonmaterialnichtunbedingtvonDissonanzenge-
prägt seinmuss.GeradedeutscherGangsta-Rapder2000er Jahre istoftmals sehrme-
lodisch und immerwiedermit gesungenen hooks für eine größere Charttauglichkeit
ausgestattet. Aber auch ichwürde »hardness«, also eine gewisse »Aggressivität« und
»Härte«, als einwichtiges gemeinsamesMerkmal vielerGangsta-/Straßen-Rap-Songs
nennen.DiesedrĂĽcktsicheinerseits,wievonKrimsbereitsangefĂĽhrt, ineinemdomi-
nanten(Sub-)Bassund»harten«Drumsaus.146ZudemherrscheninGangsta-/Straßen-
Rap-StĂĽckenentwederdĂĽstere147 oderepischanmutende148Stimmungenvor,diemu-
sikalischvorallemvonklassischer (Film-)MusikoderRockundwenigervonFunkund
Soulbeeinflusstsind.149DabeifindensichsowohlKĂĽnstlerInnen,derenSongseherein
146 ImHipHop-Jargon ist sehroftvon»fetten«, »harten«bzw.hardhitting,punchy, snappyu.ä.Drums
dieRede.WasaberbedeutetdieseBezeichnungbzw.wie lässt sie sichgenauerdefinieren?Dass
dieSchlagzeugsounds–hierbeigehtesvorallemumdieBassunddieSnareDrum–beiHipHop-
Stückenals fett, hart oderÄhnliches rezipiertwerden,wirdeinerseitsdadurcherreicht, dass sie
imMix stark indenVordergrundgerĂĽcktwerden, alsomeist die lautesten Instrumentedarstel-
len.Dies alleinmacht jedochnochkeineHard-hitting-Drumsaus. Essentiell fĂĽr dieseWahrneh-
mungsinddiesogenanntenTransienten.Transientensindkurze, sehrplötzlichauftretende,per-
kussive, nicht harmonische Schwingungsereignisse imEinschwingvorgangbzw. Veränderungen
imSchwingungsmustereinesKlanges.DiesesehrtheoretischeAussagelässtsichgutanperkussi-
venInstrumentenveranschaulichen. IndiesemFallwirdeineMembrandurchdasAnschlagen, im
wahrstenSinnedesWortes: schlagartig, inSchwingungversetzt.DieseSchwingungklingt imFal-
levonPerkussionsinstrumentenwiederrelativschnellab.DerentstandeneKlangbesitztdadurch
zweiAbschnitte,dieEinschwing-(=Transienten-)unddieAbklingphase.Diesewerdenauchattack
undsustain/releasegenanntundspieleneinewichtigeRolleinderTongestaltungeinzelnerKlänge
undGeräusche.IstdasAnschlaggeräusch(dieTransienten)einesDrumsoundslautundbesitztein
dichtesFrequenzspektrum,wirdesmeistals»hart«oder»fett«wahrgenommen.
147 Vgl.u.a.EMC–»WienXdominiert«(2004),EastblokFamily–»CYPHERINTERNATIONALE«(2012),
Nazar–»Hölle« (2016).
148 Vgl.u.a.Manijak–»JungsausmeinerGegend« (2011),Nazar feat.Chakuza,Kamp&RAFCamora–
»MeineStadt« (2010),RapTerror feat.Bludzbrüder& iBo-D–»AlarmstufeRot« (2009).
149 DiegroĂźeAusnahmeist (wieauchKrimsinseinemBuchanmerkt)dasvonDr.DreundSnoopDogg
etablierte SubgenredesG-Funk, das,wiederNameschon sagt, auf Funk-Musik aufbaut.Dieses
Subgenre ist imGegensatzzuanderenStilendesGangsta-Rapsnichtaggressiv, sonderninBezug
aufMusikundRap-Performance (jedochnichtderen Inhalte)eherentspanntgehalten.Beispiele
Hip Hop aus Ă–sterreich
Lokale Aspekte einer globalen Kultur
- Title
- Hip Hop aus Ă–sterreich
- Subtitle
- Lokale Aspekte einer globalen Kultur
- Author
- Frederik Dörfler-Trummer
- Publisher
- transcript Verlag
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-5556-2
- Size
- 15.5 x 24.0 cm
- Pages
- 341
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- Danksagung 7
- 1. Einleitung 9
- 2. Theoretische und methodische Ansätze 17
- 3. Geschichte der HipHop-Musik aus Ă–sterreich 25
- 3.1 Entstehung und Entwicklung der HipHop-Musik in den USA 26
- 3.2 Die vierphasige Einteilung der österreichischenHipHop-Geschichte 36
- 3.3 Ursprünge der österreichischen HipHop-Musik –Phase 1 (1981-1993) 37
- 3.4 Eine österreichische HipHop-Szeneentsteht –Phase2 (1992-1998) 49
- 3.4.1 Ghetto HipHop SoundSystem und Gainful Gallivants 51
- 3.4.2 Schönheitsfehler und die»Duck-Squad-Ära« 52
- 3.4.3 »DieKlass evon ’95«–Total Chaos, Texta und DasDampfendeEi 53
- 3.4.4 DasVermächtnis und Ende von DuckSquadPlatten 55
- 3.4.5 Aufkommen neuer (alter) HipHop-Labels und-Gruppen 56
- 3.4.6 Die aufkeimende HipHop-Szene in Linz 57
- 3.5 Zeit des Aufbruchs und Umbruchs–Phase3 (1998-2004) 58
- 3.6 Wachstum, Professionalisierung, Diversifikation–Phase4 (2005 bis heute) 80
- 4. Glokale HipHop-Kultur: Analyse der österreichischen HipHop-Szene und ihrer Musik 107
- 5. ResĂĽmee 287
- 6. Best of Listen österreichischer HipHop-Musik 293
- 7. Quellenverzeichnis 297
- Abbildungsverzeichnis 327
- Index 329