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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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24 Akteure in Agrarsystemen systems sowie der damit zusammenhängenden Expertensysteme, etwa der Wissen- schaft, stehen zwar nicht im Zentrum der Untersuchung, werden aber in ihren Wir- kungen in den übrigen Feldern einbezogen (Abbildung 1.4). Von der Matrix dieser ineinander verschachtelten Kräftefelder leitet sich nicht nur die Gliederung dieser Untersuchung, sondern auch deren Titel ab : Schlachtfelder verweist einerseits auf den Gegenstand, die nationalsozialistische Metapher der „Erzeugungsschlacht“,112 ande- rerseits auf den system- und akteur orientierten Kräftefeld-Ansatz. In jedem Feld bringen Akteure für sie verfügbare materielle und immateri- elle Ressourcen entlang von Tauschbeziehungen strategisch  – d. h. vorbewussten („Habitus“) oder bewussten Strategien folgend113  – zum Einsatz.114 Die Strate- gien des Ressourceneinsatzes und -tauschs beeinflussen die naturale und soziale Nachhaltigkeit des Betriebs-Haushalts-Systems, dessen Verletzlichkeit und Resi- lienz.115 Während sich die Wirtschaftswissenschaften auf Märkte konzentrieren, kennen Wirtschaftsethnologie, -soziologie und -geschichte ein breiteres Spekt- rum an Tauschbeziehungen,116 die nach Karl Polanyi in vier Grundformen zer- fallen : Haushaltung, die Verteilung der Güter unter den Akteuren eines Haushalts (z. B. Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln) ; Reziprozität, den (Gaben-)Tausch zwischen einander persönlich bekannten Akteuren in alltäglichen Netzwerken (z. B. Arbeitsteilung zwischen Bauern- und Häuslerfamilien) ; Redistribution, den Tausch zwischen Akteuren und einer überregionalen Zentralmacht (z. B. staatliche Steuerleistung) ; Vermarktung, den (Waren-)Tausch zwischen einander nicht not- wendigerweise persönlich bekannten Akteuren auf überregionalen Märkten (z. B. Vermarktungsgenossenschaft).117 Entgegen der Annahme einer historischen Ent- wicklung von der Reziprozität über die Redistribution zum Markttausch ist von veränderlichen Mischungsverhältnissen der Tauschformen auszugehen.118 Diese Studie sucht reale Ausprägungen dieser idealtypischen Tauschbeziehun- gen in agrargesellschaftlichen Kräftefeldern zu bestimmen. Je nach Art des Feldes stehen bestimmte Tauschbeziehungen im Mittelpunkt : Im Feld der alltäglichen Betriebs- und Haushaltsführung (Kapitel 2) liegt der Fokus auf der Haushaltung ; dabei geht vor allem um die Ausstattung der Betriebe und Haushalte mit Ressour- cen wie Land, Arbeitskräften, technischen Einrichtungen, Gebäuden oder Vieh sowie die Betriebserträge und Familieneinkommen  – kurz, um das „Haus“ als mul- tifunktionale Produktions- und Reproduktionseinheit in politischer und ökonomi- scher Abhängigkeit.119 Das Untersuchungsspektrum reicht von unterbäuerlichen Haushalten über klein-, mittel- und großbäuerliche Höfe bis zu Gutsbetrieben ; dies zeigt auch die unscharfen Grenzen des Agrarsektors zu anderen Wirtschafts- zweigen auf. Auf regionaler, lokaler und betrieblicher Ebene werden die wesent- lichsten Ausprägungen von Agrarsystemen und damit korrespondierenden Wirt- schaftsstilen bestimmt.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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