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Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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163Regulative der Ent- und Verwurzelung neren, weniger einträglichen Parzellen konnten wegen hoher Transaktions- und sonstiger Kosten nur mehr schleppend an den Mann gebracht werden. Aufgrund dieser inneren und äußeren Widersprüche  – und entgegen der offiziellen Lesart, man wolle die Rückkehr der bäuerlichen Frontsoldaten nach dem „Endsieg“ ab- warten56  – dürfte die „Arisierung“ in Niederdonau, wie im „Altreich“,57 1942 weit- gehend zum Erliegen gekommen sein.58 Lässt sich die schrittweise Radikalisierung, die das Regelwerk der exklusiven Bodenpolitik erfuhr, auch für die inklusive Bodenpolitik ausmachen ? Zunächst unterschieden sich die beiden Seiten der nationalsozialistischen Bodenpolitik da- durch, dass auf dem Gebiet der Landbesitzrechte von „Ariern“ der „Normenstaat“ gegenüber dem „Maßnahmenstaat“ die Oberhand hatte. Im August 1938 traten die zentralen Teile des Bodenrechts im „Altreich“ auch im „Lande Österreich“ mit kleineren Anpassungen in Kraft : die Verordnung über die Grundstückverkehrsbe- kanntmachung (GVB) von 1937,59 die das österreichische Grundverkehrsgesetz von 1919 ablöste, und das Reichserbhofgesetz (REG) von 1933, das über beste- hende Landesgesetze zur Hofvererbung60 weit hinausging, samt seinen Durchfüh- rungsbestimmungen von 1936.61 Beide Regelungen schränkten die Verfügung der Grundeigentümer/-innen über ihren Besitz erheblich ein, gemäß der „Aufgabe der Volks- und Staatsführung, den Grund und Boden der Spekulation, dem Geschäfts- verkehr überhaupt und auch der willkürlichen Herrschaft des jeweiligen Eigentü- mers zu entziehen“.62 Politisch-ökonomische Triebfeder dieser Teilverstaatlichung privater Landbesitzrechte war das Postulat der „Ernährungssicherung“, das spätes- tens seit Inkrafttreten des Vierjahresplans 1936 die nationalsozialistische Agrar- politik bestimmte.63 Die Verordnung zur GVB machte Eigentümerwechsel von Grundstücken ab einem Hektar Größe von der Zustimmung der Agrarbezirksbe- hörde nach Stellungnahme des Kreisbauernführers abhängig. Lag ein „erhebliches öffentliches Interesse“ vor, konnte die Genehmigung versagt werden, etwa wenn die „ordnungsmäßige Bewirtschaftung“ gefährdet schien, der neue Eigentümer nicht als hauptberuflicher Landwirt galt, das Rechtgeschäft der „unwirtschaftli- chen Zerschlagung des Grundstücks“ diente, die „wirtschaftliche Selbständigkeit“ eines Landwirtschaftsbetriebs beseitigt wurde oder der Gegenwert in einem „gro- ben Missverhältnis“ zum Wert des Grundstücks stand.64 Eine weitere Einschrän- kung des „ländlichen Grundverkehrs“ erfolgte 1942 durch einen „Führererlass“, der „nicht unbedingt notwendige“ Eigentumswechsel, vor allem wenn Kriegsteil- nehmer davon betroffen waren, untersagte ; dieses Verbot wurde im Jahr darauf auf den bisher noch genehmigungsfreien Grundstückswechsel ausgedehnt.65 Zugleich mit der Einschränkung des Eigentümerwechsels von Grundstücken wurde der „Pächterschutz“ gesetzlich ausgeweitet. Das Gesetz über den Pächterschutz von 1933 wurde nach Kriegsbeginn ergänzt durch die Reichspachtschutzverordnung
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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