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Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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193Verbäuerlichung durch „Entjudung Kaufpreises abzüglich der Zinsen an die Kaufwerber/-innen zurückzuzahlen und der Ankauf durch die DAG „mit allen Mitteln zu fördern, damit baldmöglichst [Hervorhebung im Original] klare Verhältnisse geschaffen werden“.162 Unter Hin- weis auf ein „erhebliches öffentliches Interesse“ im Sinn der GVB lehnte das Land- wirtschaftsministerium im März 1939 den Kaufvertrag ab.163 Die DAG nahm die Vertragsverhandlungen mit dem Rechtsanwalt von Emil und Hugo Stein auf und unterfertigte im September 1939 einen Kaufvertrag, der im Oktober 1939 von der Oberen Siedlungsbehörde im Landwirtschaftsministerium genehmigt wurde. Der Kaufpreis wurde gegenüber dem ursprünglichen, vom Anwalt der Kaufwerber/- innen als niedrig eingeschätzten Betrag von 400.000 Reichsmark um mehr als die Hälfte gedrückt ; nunmehr war der „Siedlungsverkehrswert“ von 193.000 Reichs- mark maßgeblich.164 Mit der grundbücherlichen Einverleibung des Eigentums- rechtes durch die DAG165 und der Überweisung des um Steuern, Abgaben und Gebühren verminderten Erlöses von 100.251 Reichsmark auf die Auswanderer- sperrkonten der vormaligen Besitzer166 war der Fall für die Obere Siedlungsbe- hörde, die mittlerweile der Behörde des Reichsstatthalters in Niederdonau zu- gehörte, abgeschlossen. Die in Aussicht genommene Parzellierung, Teilung und Veräußerung der Gründe an die bäuerlichen Kaufwerber/-innen kam, wie bei den meisten Gütern der DAG, vor Kriegende nicht mehr zustande ; die beiden Guts- betriebe wurden eigenständig weitergeführt.167 Erst 1957, nachdem der Besitz als „Deutsches Eigentum“ von der Sowjetischen Besatzungsmacht in die öffentliche Verwaltung durch die Landwirtschaftskammer übergegangen war, wurde im Zuge eines Rückstellungsverfahrens eine Fläche von 347 Hektar an 113 klein- und mit- telbäuerliche Käufer/-innen veräußert.168 Auf diese Weise kam die ursprünglich geplante, später aufgeschobene Verbäuerlichung der beiden Güter  – freilich unter anderen Umständen, aber mit ähnlichem Umverteilungseffekt  – schließlich doch zustande. Wie die beiden Güter der Gebrüder Stein sollte auch der „arisierte“ Grund- besitz der tschechischen Staatsbürger Alfred, Heinrich und Rudolf Glaser in der Größe von 157 Hektar in Markgrafneusiedl in die Hand der DAG gelangen ; doch es kam anders. Im August 1938 forderte der kommissarische Verwalter den jüdischen Pächter auf, die Grundstücke der Vermögensverkehrsstelle zum Kauf anzubieten ; dagegen erhoben die Besitzer Einspruch.169 Daraufhin verschärfte die Vermögensverkehrsstelle auf Basis der Verordnung über den „Einsatz jüdischen Vermögens“ vom Dezember 1938 die Gangart und beabsichtigte, den Verkauf der Liegenschaft „auch ohne Zustimmung der Besitzer durchzuführen“.170 Im Juli 1939 erteilte die Obere Siedlungsbehörde im Landwirtschaftsministerium den Besitzern den Auftrag, das Gut „innerhalb von 2 Wochen ab Zustellung an ei- nen geeigneten Bewerber und zu einem angemessenen Preis zu veräussern und
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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