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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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237„Grundstücksverkehr“ vor Ort Kulturflächenentwicklung der Gutsbetriebe im Kreis Gän sern dorf nicht durch- gängig bestätigen lässt (Tabelle 3.17, Anhang). Bereits die Beispielbetriebe der vier gutsbetrieblichen Agrarsysteme lassen unterschiedliche Entwicklungen erkennen : Der Zuckermantelhof von Karl Steiner in Schönkirchen, der für die Gesinde-Ma- schinengüter steht, zeigte die beständigste Kulturflächenentwicklung. Zwar wurden bis 1944 sechs Hektar Ackerland in Wald umgewidmet ; doch insgesamt blieb die bewirtschaftete Kulturfläche  – abgesehen von 1942, als 35,3 Hektar Wald kurz- fristig aus der Bewirtschaftung genommen wurden  – gleich. Zugewinne von 10,2 Hektar oder 4 Prozent verzeichnete das Marktfrucht-Milchviehgut der Zuckerfa- brik in Dürnkrut ; sie resultierten vor allem aus der Hinzunahme von Acker- und Grünland 1942. Die übrigen beiden Gutsbetriebe verminderten die Kulturfläche über die Jahre : Im Fall des Taglöhner-Maschinenguts von Leopold Hutter in Mark- grafneusiedl beruhte die Verminderung um 37,2 Hektar oder mehr als ein Zehntel der Kulturfläche vor allem auf der Abgabe von Ackerparzellen 1944. Das Getreide- Milchviehgut der Stadt Wien in Markthof verlor 138,5 Hektar oder 17 Prozent vor allem durch einen Waldverkauf 1942 ; die Verluste an Grünland und Zugewinne an Ackerland fielen demgegenüber kaum ins Gewicht. Betrachten wir die Gesamtheit der 37 Gutsbetriebe im Kreis Gän sern dorf. Zwar zeigten drei Gutsbetriebe enorme Flächenschwankungen ; doch handelte es sich um Ausnahmefälle : Im ersten Fall erwarb die Gutsverwaltung Coburg in Ebenthal 1942 611 Hektar Wald, den sie im folgenden Jahr zusammen mit dem bestehenden Forstbesitz von 424 Hektar veräußerte.321 Im zweiten und drit- ten Fall wurde eine 206 Hektar umfassenden Liegenschaft in Markgrafneusiedl mit einem in derselben Gemeinde gelegenen Gutsbesitz 1944 zusammengelegt ; beide standen im Besitz der DAG.322 Doch in der Regel zeigten die übrigen 34 Gutsbetriebe  – trotz leicht abnehmender Tendenz 1943, die sich in den beiden Folgejahren stabilisierte  – keine dramatischen Flächenverluste. Die deutlichsten Verluste mussten die Gesinde-Maschinen- und Getreide-Milchviehgüter hinneh- men ; die Kulturfläche der Taglöhner-Maschinengüter blieb im Großen und Gan- zen konstant ; eine Zunahme verzeichneten die Marktfrucht-Milchviehgüter (Ta- belle 3.18). Freilich, Zu- oder Abnahmen um einige Prozentpunkte bewegten bei Betriebsgrößen von Hunderten oder Tausenden von Hektar erhebliche Mengen an Land. Zudem verfügen wir für 1938 bis 1940, als bereits mehrere Gutsbetriebe zerschlagen und an bäuerliche Bewerber/-innen übertragen wurden, über keine Gesamtangaben. Dennoch, die vielfach geforderte „Verbäuerlichung“323 der Guts- betriebe fand selbst im „volkspolitisch“ sensiblen Kreis Gän sern dorf 1941 bis 1944 nur in beschränktem Umfang statt. Laut einer Erhebung für 100 Gutsbetriebe auf österreichischem Gebiet betrugen die Landabgaben während der NS-Ära ledig- lich 7 Prozent.324
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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