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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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247„Grundstücksverkehr“ vor Ort konnten (Tabelle 3.24). Als Grundzug des regionalen Landtransfers entpuppt sich die Umverteilung vom unteren zum oberen Rand der Grundbesitzhierarchie  – ab- gesehen von der horizontalen Verschiebung zwischen den Zuckerrübenbauern und Maschinenmännern in Weikendorf. Halten wir die wesentlichen Ergebnisse des Gemeindevergleichs in den drei Regionen fest : Der Landtransfer in den Regionen Litschau und Mank erwies sich  – trotz vereinzelter Wachstums- und Schrumpfungstendenzen  – als ver- gleichsweise wenig dynamisch. Hier wurde die Betriebsgrößenstruktur durch die Praxis des seltenen, geringfügigen Landtransfers weitgehend reproduziert. Hin- gegen war die Region Matzen durch einen weitaus dynamischeren Bodenmarkt gekennzeichnet. Die Praxis des (Ver-)Kaufens, (Ver-)Pachtens und Tauschens von Parzellen förderte eine stärkere Transformation der Betriebsgrößenstruktur. Viel- fach wurde der Boden von den Kleineren zu den Größeren umverteilt ; manchmal rangen die Besitzer/-innen gleichartiger Betriebe untereinander um die knappen Landressourcen. Die unterschiedlichen Muster des Landtransfers in den drei Re- gionen finden in der Verteilung der Landressourcen ihren Niederschlag : Die Un- gleichheit der Verfügung über Kulturflächen änderte sich 1941 bis 1944 in der Region Mank nicht und in der Region Litschau kaum ; hingegen nahm sie in der Region Matzen merklich zu  – und das innerhalb von nur drei Jahren (Abbildung 3.10). In diesen Unterschieden kommt die regionale und lokale Pfadabhängig- keit des „Grundstücksverkehrs“ zum Ausdruck. Das bodenpolitische Regelwerk auf Reichs- und Gauebene griff nicht allerorts in derselben Weise, sondern wurde auf regionaler und lokaler Ebene, je nach Stärke und Richtung des betreffenden Entwicklungspfades, in unterschiedlichen Ausprägungen wirksam. Kurz, die rela- tive Statik des ländlichen Landtransfers in Litschau und Mank wie dessen relative Dynamik in Matzen können nicht allein von der überregionalen Außenperspektive abgeleitet werden, sondern müssen auch von innen  – den regionalen und lokalen Entwicklungspfaden  – her erklärt und verstanden werden. Als ein politisch-ökonomisches Moment der regionalen und lokalen Entwick- lungspfade des „Grundstücksverkehrs“ wirkten die Grundbesitzgrößen und -rechte in den jeweiligen Agrarsystemen, die der Erbhofbildung und „Arisierung“ unter- schiedliche Spielräume eröffneten. Die Kreise Gmünd und Melk, denen die Regio- nen Litschau und Mank angehörten, verfügten mit 42 bzw. 50 Prozent über erheb- lich größere Flächenanteile an Erbhöfen als der Kreis Gän sern dorf einschließlich der Region Matzen mit 32 Prozent ; das schloss, wie wir gesehen haben, Eigen- tums- und Besitzwechsel nicht aus, bereitete jedoch beträchtliche bürokratische Hürden.328 Zudem war in den Kreisen Gmünd und Melk das Potenzial an zu „ari- sierenden“ Liegenschaften mit 110.000 bzw. 97.000 Reichsmark Vermögenswert weitaus geringer als im Kreis Gän sern dorf mit 5,9 Millionen Reichsmark, wo „Ju-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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