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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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264 „Menschenökonomie“ unter Zwang 8. Pflege der Dorfgemeinschaft, Freizeitgestaltung. 9. Im Ausmaße der erfolgten Lohnerhöhung Senkung der Steuern, staatliche Zu- schüsse, Erniedrigung der Betriebsmittelpreise oder Erhöhung der landwirtschaftli- chen Erzeugnispreise. 10. Verbilligte Bereitstellung von arbeitssparenden Maschinen, sofern Hanglagen ihre Anwendung gestatten, und von Material zum Ausbau von Güterwegen, Seilbahnen, Gärfutterbehältern, Dungstätten und Jauchegruben.“40 Daran anknüpfend entwarf Löhr neben anderen Expertisen41 zur Jahresmitte 1939 einen umfassenden Aufriss des Landfluchtproblems samt Lösungsansatz. Den Kern des Problems sah er in der Abwägung zwischen den Aussichten im land- wirtschaftlichen Beruf und in anderen Berufen, die höhere Löhne bei geringerem Aufwand versprachen : „Damit wird das Ergebnis eines Vergleichs maßgebend, den sowohl die Bauernkinder als auch die bezahlten Landarbeiter anstellen und bei dem sie zu erkennen glauben, daß sie bei der Ausübung des erlernten Berufes ge- genüber anderen Erwerbsmöglichkeiten wirtschaftlich in letzter Reihe stehen.“42 Diese Abwägung falle in klein- und mittelbäuerlichen Betrieben, vor allem in den Berggebieten des Waldviertels und der Voralpen, häufiger als in großbäuerlichen und Gutsbetrieben gegen den Verbleib in der Landwirtschaft aus. Im Unterschied zu Ersteren böten Letztere familienfremden Landarbeitern und Landarbeiterin- nen bessere Heiratsmöglichkeiten, mehr Aufstiegschancen und weniger Arbeits- anstrengung. Nur im östlichen Niederdonau litten auch die größeren Betriebe unter dem Ausfall der Taglöhner/-innen, die nun gewerbliche und industrielle Tä- tigkeiten der bisherigen Landarbeit vorzögen. Demgegenüber spiele die Lohnhöhe keine ausschlaggebende Rolle für die Abwanderung der familienfremden Arbeits- kräfte mehr, „weil heute der Bauer, oft über die Leistungsfähigkeit seines Hofes hi- naus, alles daransetzt, sein noch vorhandenes Gesinde materiell zu befriedigen“.43 Aufgrund der durchschnittlich 50-prozentigen, bisweilen 100- oder 200-prozen- tigen Lohnsteigerungen seien die bäuerlichen Familieneinkommen rapide gesun- ken : „Der bäuerliche Familienarbeiter ist der schlechtestbezahlte Landarbeiter.“44 Die „biologischen und wirtschaftlichen Folgen der Landflucht“ sah der Autor ei- nerseits im Rückgang der Kinderzahlen wegen „Überanstrengung der Bauersfrau“, andererseits in der Extensivierung der Bodennutzung und Viehhaltung wegen ver- ringerter Ackerflächen sowie Milch- und Mastviehhaltung. Der Lösungsansatz, den Löhr von diesem Problemaufriss ableitete, umfasste eine hierarchische Abfolge von Maßnahmen, in der die materiellen Aspekte ge- genüber den ideellen Vorrang hatten. Oberste Priorität galt der Hebung der bäu- erlichen Familieneinkommen, die nur durch Schließung der vor allem für die Bergbauernbetriebe auseinanderklaffenden „Preisschere“ machbar schien. Dafür
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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