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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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272 „Menschenökonomie“ unter Zwang „Landwirtschaftsflucht“ ; im Gegenteil : In der Mehrzahl der Landkreise liefen re- gionale und sektorale Mobilität in entgegengesetzter Richtung. Um die Stellung Niederdonaus im Besonderen, der Ostmark im Allgemeinen im reichsweiten Vergleich zu bestimmen, bieten die Ergebnisse der Volkszählungen von 1933/34 und 1939 eine Bemessungsgrundlage. In diesem Zeitraum verringerte sich im Deutschen Reich die Zahl der land- und forstwirtschaftlichen Berufszuge- hörigen von 13,715 um 1,453 auf 12,262 Millionen ; gemessen an der Gesamtbe- völkerung sank deren Anteil von 20,8 auf 17,7 Prozent. Einer Schätzung zufolge betrug der Geburtenüberschuss der Agrarbevölkerung 1907 bis 1939 etwa 3,226 Millionen, was zusammen mit der Abnahme der Stammbevölkerung um 2,734 Millionen einen Wanderungsverlust von 5,960 Millionen  – oder durchschnittlich 270.000 Personen pro Jahr  – ergab.72 Das Ausmaß der „Menschenverluste“ wurde von Experten des Reichsnährstandes als alarmierend eingeschätzt : „Die Zahl der in der Land- und Forstwirtschaft tätigen Bevölkerung ist 1939 mit 12.256.000 an einem Punkt angelangt, dessen Unterschreiten ohne noch größere Schädigungen für den Volkskörper nicht mehr verantwortet werden kann.“73 An den prozentuel- len Veränderungen der Zahl der Berufszugehörigen der Land- und Forstwirtschaft 1939 im Vergleich zu 1933 („Altreich“) und 1934 (Ostmark) laut Volkszählung lassen sich zwei regionale Hotspots der Entagrarisierung ausmachen (Abbildung 4.2) : der Nordosten des Reichsgebiets mit den Landesbauernschaften Kurmark (–14,0 Prozent), Sachsen-Anhalt (–13,2 Prozent), Schleswig-Holstein (-12,1 Pro- zent), Pommern (–11,2 Prozent), Ostpreußen (–10,3 Prozent) und Sachsen (–10,1 Prozent) sowie der Südwesten mit den Landesbauernschaften Rheinland (–12,2 Prozent), Bayern (–11,5 Prozent), Württemberg (–11,4 Prozent), Kurhessen (–11,3 Prozent) und Hessen-Nassau (–10,4 Prozent). Mäßige Rückgänge bzw. sogar leichte Zuwächse verzeichneten die Landesbauernschaft Weser-Ems (–7,0 Pro- zent), Thüringen (–3,8 Prozent) und Saarpfalz (–3,5 Prozent) im „Altreich“ sowie die neu errichteten Landesbauernschaften der Ostmark (Südmark : –4,6 Prozent, Alpenland : –1,0 Prozent und Donauland : +0,3 Prozent) und des Sudetenlandes (–3,9 Prozent). Kurz, Donauland war die am geringsten von „Landwirtschafts- flucht“ betroffene Landesbauernschaft des Deutschen Reiches. Die regionale Konzentration der „Landwirtschaftsflucht“ wirft die Frage nach fördernden und hemmenden Momenten auf. Um zu einer Antwort zu gelangen, werden die 24 Landesbauernschaften gemäß ihrer (Un-)Ähnlichkeiten hinsicht- lich verschiedener Agrarsystemmerkmale in einem mehrdimensionalen Raum angeordnet. Folgende Merkmale gehen in diese Anordnung ein : die Agrarquote der Wohnbevölkerung, die durchschnittliche Betriebsfläche, der Acker- und Waldanteil, die landwirtschaftliche Arbeits- und Vieh intensität, der Gesindean- teil sowie das Verhältnis von Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben. Zudem wird
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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