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Arbeit als alltägliches Kräftefeld
tete er seinen Verfügungsanspruch über den Körper der polnischen Landarbeiterin
als Quelle von Arbeitskraft wie als Ziel sexueller Begierde.
Viele land- und forstwirtschaftliche Arbeitsgänge erforderten neben Kraft und
Ausdauer auch ein hohes Maß an Wissen und Können. Bereits mit dem Beginn des
„Poleneinsatzes“ im Herbst 1939 setzten die Klagen über mangelnde Kenntnisse
und Fertigkeiten ein. Die Bauern, so der Landrat Amstetten, klagten nicht nur
über die mangelnde Bekleidung der polnischen Arbeitskräfte, sondern auch über
die ihnen zugewiesenen, zur Landarbeit völlig ungeeigneten „Intelligenzler“
– eine
in bäuerlichen Kreisen abwertende Bezeichnung. Die Arbeitsämter sollten „bei der
Vermittlung sowohl auf die Ausrüstung als auch auf den Beruf mehr Rücksicht
nehmen“.187 Dienstgeber/-innen mussten daher die unerfahrenen Bediensteten
für bestimmte Tätigkeiten anlernen. Der Schaden, den ein falscher Handgriff be-
wirkte, blieb in der Land- und Forstwirtschaft selten auf einen Betriebszweig be-
schränkt ; über die wechselseitigen Abhängigkeiten der Arbeitsgänge konnte der
gesamte Betrieb Schaden erleiden. Doch der Getreideschnitt mit der Sense, das
Melken der Kühe per Hand, das Fällen eines Baumes waren nicht von einem Tag
zum nächsten erlernbar. Eine Serie von Berichten des GP Wallsee über den Ein-
satz von „Ostarbeitern“ im Sommer und Herbst 1942 vermittelt einen Eindruck
Abbildung 4.14 : Helene Pawlik posiert im geborgten Sonntagskleid mit Zugvieh
Quelle : Sammlung Pawlik, Markersdorf.
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Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Schlachtfelder
- Subtitle
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Author
- Ernst Langthaler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 948
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937