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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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417Staatshilfe als „Auslese“ Was de jure als Verfahrensfehler galt, ließ sich de facto als Beitrag zur „Erhaltung eines gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes“130 rechtfertigen. „Entschuldung“ und „Aufbau“ hingen nicht nur in solchen Ausnahmefällen, sondern auch in der Regel eng zusammen : Das Entschuldungsverfahren sollte die Betriebe dazu befähigen, die Aufbaumittel abzustatten ; das Aufbauverfahren sollte die betriebliche „Leistungsfähigkeit“, an der die Entschuldungsmittel be- messen wurden, steigern. Während das eine Verfahren die „äußere Verschuldung“ der Höfe zu mildern trachtete, zielte das andere auf die Behebung der „inneren Verschuldung“ ; oder mit August Lombar gesprochen : „Die Betriebe waren nicht nur verschuldet, sondern auch ausgeplündert.“131 Die Landstellen prüften, ob die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen zum „Aufbau“ gegeben waren ; diese umfassten, ähnlich wie bei der „Entschuldung“, die Bedürftigkeit  – die Gefährdung des Bestandes oder die mangelnde Ausschöpfung der Ertragskraft des Betriebes  –, die Fähigkeit  – die Aussicht auf Steigerung der „Leistungsfähigkeit“  – und die Würdigkeit  – die Persönlichkeit und Wirtschaftsweise der Inhaber/-innen.132 Die Aufbaumaßnahmen erstreckten sich auf Um- und Neubauten von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden, Ergänzungen des lebenden und toten Inventars und sons- tige Maßnahmen zur Hebung der betrieblichen Ertragskraft. Die dafür notwen- digen Mittel wurden grundsätzlich als Darlehen, bei Erschöpfung der „Leistungs- fähigkeit“ auch als nicht rückzahlbarer Zuschuss gegeben ; Bergbauernbetriebe sollten jedoch vorrangig bezuschusst werden. Die grundbücherlich sichergestellten Aufbaudarlehen wurden mit 2 Prozent verzinst und liefen zwischen fünf und 30 Jahren. Art und Kosten der Maßnahmen wurden im Aufbauplan, der meist mit einem Entschuldungsplan gekoppelt war, festgelegt.133 Neben der Aufbauaktion setzten die Landstellen die von der österreichischen Bundesregierung 1934 begon- nene Bergbauernhilfe in erweitertem Maßstab fort ; diese Mittel wurden vorrangig als Zuschuss, falls zumutbar auch als Darlehen bewilligt.134 Gemessen am aufgewendeten Geldvolumen stand der „Aufbau“ der „Entschul- dung“ in nichts nach (Tabelle 5.10). Die meisten Ablösungsmittel pro Betrieb wurden im AGB Mank vergeben ; bei den Entschuldungsmitteln lag Matzen an der Spitze. Das Größenverhältnis von Entschuldungs- und Aufbaumitteln vari- ierte nach Regionen : In den AGB Kirchberg an der Pielach, Litschau und Matzen wurden mehr Aufbau- als Entschuldungsmittel eingesetzt ; in Mank war das Ver- hältnis umgekehrt. Der Mitteleinsatz variierte zudem innerhalb der Regionen nach Betriebsgrößen : Im Allgemeinen nahmen die pro Flächeneinheit eingesetzten Ablösungs- und Aufbaumittel mit steigernder Betriebsgröße ab ; einen Sonderfall bildeten in der Region Matzen die flächenbezogenen Aufbaumittel der größeren Betriebe, die etwa jenen der kleineren Betriebe entsprachen. Dennoch nahm der gesamte Mitteleinsatz pro Betrieb mit steigender Größe durchwegs zu ; nur in der
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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