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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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421Staatshilfe als „Auslese“ Zwar war hier nicht von Effizienz und Gleichheit die Rede ; doch die Wendungen „wirtschaftliche Erwägungen“ und „besondere Ziele“ verwiesen darauf. Die beiden Zielbereiche waren hierarchisch aufeinander bezogen : Effizienzsteigerung galt als Regel, Ausgleich als Ausnahme ; zugleich ergänzten sie sich im Nebeneinander von Kern- und Grenzregionen. Wie die Landstellen diese Richtlinie in der Verwal- tungspraxis umsetzten, erläutert August Lombar an einem Beispiel : „Die Frage, ob der Mitteleinsatz vertretbar war, spielte namentlich bei den baulichen Maßnahmen eine wichtige Rolle. In vielen Fällen, vor allem bei nichtlebensfähigen Kleinbetrieben, oder solchen, die später aufgelassen und zur Stärkung der Nachbar- höfe herangezogen werden sollten, wo also der mit einem großen Mittelaufwand ver- bundene Neubau der Hofstelle aus agrarpolitischen Gründen nicht vertretbar war, musste die Ablehnung ausgesprochen werden.“141 In dieser Erläuterung spricht der ehemalige Leiter der Landstelle agrarpolitischen Klartext : Als Auslesekriterium der Aufbauaktion galt die betriebliche „Lebensfä- higkeit“, was als Chiffre für „Leistungsfähigkeit“ gelesen werden kann. Kleinere Betriebe, denen diese Eigenschaft nicht zuerkannt wurde, wurden von der För- derung ausgeschlossen oder, falls keine Ablehnung erfolgte, mit weniger Aufbau- mitteln bedacht. Größere, „lebensfähige“ Betriebe sollten hingegen in die Aktion eingeschlossen und mit allen Mitteln gefördert  – „aufgebaut“  – werden. Mit ihrer kleinbäuerlichen Prägung wurde die Region Matzen zum bevorzugten Schau- platz der leistungsorientierten Auslese. In der mittelbäuerlich geprägten Region Kirchberg an der Pielach griff dieser ökonomistische Zugang kaum ; hier, im Berg- bauerngebiet, wurde die Leistung der Betriebe und Haushalte eher an außeröko- nomischen Gesichtspunkten  – an den „bevölkerungs- und grenzpolitischen Erwä- gungen“, von denen in den Aufbaurichtlinien die Rede war  – festgemacht. Kurz, in den Untersuchungsregionen werden zwei Varianten des „Betriebsaufbaus“  – eine eher differenzierende und eine eher egalisierende  – fassbar. Werfen wir einen genaueren Blick auf die regionalen Varianten des „Aufbaus“. Hinsichtlich der getroffenen Maßnahmen zeigen die Regionen kaum Unterschiede : Etwa drei Viertel der Aufbaumittel flossen in Baumaßnahmen ; ein Zehntel oder mehr war der Ergänzung „toten Inventars“, der Anschaffung von Maschinen und Geräten, gewidmet ; ein weiteres Zehntel  – in Mank deutlich mehr, in Litschau erheblich weniger  – entfiel auf die Ergänzung „lebenden Inventars“, den Ankauf von Zug- oder Nutzvieh ; der Rest war Umstellungs- und sonstigen Maßnahmen vorbehalten (Tabelle 5.11). Der Aufbauplan für Leopold Leitner in Frankenfels zielte gemäß der für die Gesamtheit der Aufbaubetriebe charakteristischen Vertei- lung vor allem auf Baumaßnahmen ab : Für Stallbau, Dachreparatur, Düngerstätte
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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