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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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444 Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ Mittel, um diese Ziele zu erreichen, seien „in unseren deutschen Bauernhöfen und vor allem in unseren Bergbauernhöfen“ zu finden :188 „Dort, wo liberalkapitalistische Kreise in ihrer Sucht nach sicherer Geldveranlagung in Wald- und Jagdgründen den Bauern mit goldener Münze vertrieben haben oder denselben zum Pächter oder Knecht auf seinem angestammten Hof und Boden de- gradierten, muß der Bergbauer wieder hin. Denn das deutsche Volk und mit ihm seine nationalsozialistische Regierung kann weder die durch die Höhenflucht ver- ursachte Verminderung der landwirtschaftlichen Produktion, noch die Liquidierung wertvoller Quellen rassischer Erneuerung für Mensch, Pflanze und Tier auf die Dauer dulden.“189 Dass der Autor nicht nur die „rassischen“, sondern auch die wirtschaftlichen Funk- tionen des „Bergbauern“ betonte und mit statistischen Daten unterfütterte, verweist auf den Kontext dieses Textes. Die Therapie, die Reinthaller aus dem diagnosti- zierten Bergbauern-Syndrom ableitete, richtete sich gegen eine konträre Thera- pie, die aus der „teilweise noch immer üblichen kapitalistischen Betrachtung der landwirtschaftlichen Probleme“ folgte. Es ging, wie ein leitender Amtsträger aus Niederdonau 1941 bekundete, um die Frage, „ob es in Anbetracht des rückerober- ten deutschen Lebensraumes im Osten und der oft mangelnden wirtschaftlichen Rentabilität überhaupt zu verantworten sei, das Bergland zu erhalten, oder ob es nicht besser wäre, das Bergland als Lebensraum zu opfern und aufzuforsten“.190 Der Impetus des Artikels war wohl nicht nur dogmatischer, sondern auch prag- matischer Art : Der Text diente zur öffentlichen Rechtfertigung der  – in den Füh- rungsetagen nicht unumstrittenen  – Einrichtung der Unterabteilung „Bergland“ im REM, zu deren Leiter sein Autor zu Jahresanfang 1940 bestellt worden war. Reinthaller hatte sich bereits zur Jahresmitte 1938 beim Reichsernährungsminister um die Einrichtung einer Berglandabteilung bemüht, um  – wie Emmerich Exel, leitender Mitarbeiter der Landesbauernschaft Donauland, als Insider zu berichten weiß  – dem Abzug der Landwirtschaftsagenden von Wien entgegenzuwirken ; mit Reichsstatthalter Arthur Seyß-Inquart als Fürsprecher sei es zur Jahresmitte 1939 gelungen, die Zusage aus Berlin zu erreichen.191 Ein weiterer Insider, Heinz Haus- hofer, Abteilungsleiter in der Behörde des Reichsstatthalters Niederdonau, wertet die Einrichtung der Berglandabteilung als Zugeständnis  – als „Zuckerl“  – für die „Ostmärker“, weil bei der Umorganisation des Agrarapparats keine „österreichische Lösung“ zustande gekommen war.192 Wie auch immer, die enorme publizistische Aktivität, die Reinthaller als Kopf der Bergbauern-Lobby seit 1938 entfaltete  – allein bis 1940 erschienen unter seinem Namen im Wochenblatt 22, in der Natio- nalsozialistischen Landpost sieben und in der Wiener Landwirtschaftlichen Zeitung
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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