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465„Aufrüstung“
in den Bergen
itiative, Stoß- und Entschlußkraft der Bauernschaft, verkörpert in ihrem Obmann,
der wie ein kleiner Feldherr die ihm anvertrauten Bauern führen, zur Mitarbeit
anhalten und sie ständig über das Notwendige aufklären muß“ sowie „die Geschick-
lichkeit und erzieherische Fähigkeit des staatlichen Aufbauleiters, in dessen Hand die
Durchführung des Aufbaues liegt,“ als „Generalstabschef des bäuerlichen Feld-
herrn [Hervorhebungen im Original]“.238 Nur die von Obmann und Aufbauleiter
geführte Aufbaugenossenschaft könne die „Erziehung zur größten Selbständigkeit
und Unabhängigkeit“239 leisten. In der Argumentation des Autors bildeten quasi-
militärische „Menschenführung“ und bäuerliche Autonomie keinen Widerspruch,
sondern bedingten einander. Freilich eignete sich ein solches Verständnis jederzeit
zur Rechtfertigung von Zwangsmaßnahmen gegen jene, die sich dem Dienst an
der „Dorf-“ und „Volksgemeinschaft“ widersetzten.
Kurz vor Erscheinen dieses Artikels, im März 1941, war die Aufbaugenos-
senschaft Ybbsitz gegründet worden – unter durchaus prekären Umständen, wie
Haushofer berichtete : „Der Beginn der Arbeiten in der Aufbaugemeinde Ybbsitz
war sehr erschwert, nachdem bei der Gründung der Genossenschaft noch keiner-
lei Vorarbeiten vorlagen. Die Bestellung eines Aufbauleiters verzögerte sich, da
zunächst keine geeignete Persönlichkeit zur Verfügung stand […].“240 Dennoch
konnte der Abteilungsleiter Ende November eine ansehnliche Bilanz ziehen : der
Rohbau von 600 Metern Güterwegen, die abgeschlossene oder laufende Elektro-
versorgung von 21 Höfen, die Projektausarbeitung einer Entwässerung, der Bau ei-
nes Kriegsgefangenenlagers für 120 Mann, die Lieferung von Handelsdünger und
Saatgut für den Herbstanbau, die „dankbarste Aufnahme gefunden“ habe, mehrere
Anbauversuche und eine Bodenuntersuchung, die Ausgabe von 1.500 Obstbäumen,
eine Rinderuntersuchung zur Vorbereitung der Viehaustauschaktion, die Einigung
auf vorläufiges Festhalten an der Murbodner-Rinderasse, die Sippenforschung, die
Schulungen und die Auswahl von Richtbetrieben.241
Auch die anfängliche Euphorie Brauners über die hierarchisch-genossenschaft-
liche Organisation des „Gemeinschaftsaufbaus“ wirkte im veröffentlichten Tätig-
keitsbericht vom September 1942 bereits deutlich gedämpft : „Der Tätigkeit der
Aufbaugenossenschaft von Bergdörfern wurden ja durch die kriegswirtschaftlichen
Hemmungen gewisse Grenzen gestellt.“242 In einem amtsinternen Tätigkeitsbericht
an die Berglandabteilung vom Februar 1943 sprach er die Organisations- und sons-
tigen Mängel offen an. Offenbar war das Projekt bereits gegen Jahresende 1941,
kurz nach seiner offiziellen Genehmigung, auf der Kippe gestanden : „Als nach der
dreimonatlichen Tätigkeit meines Vorgängers im Dezember 1941 ein Stillstand al-
ler Aufbauarbeiten eingetreten war und der Gemeinschaftsaufbau in Ybbsitz vor
der Gefahr der Einstellung und des Scheiterns an den Kinderkrankheiten stand,“243
habe er sich als ehrenamtlicher Aufbauleiter bis zur Bestellung eines fähigen Nach-
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Schlachtfelder
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Schlachtfelder
- Subtitle
- Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
- Author
- Ernst Langthaler
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20065-9
- Size
- 15.5 x 23.5 cm
- Pages
- 948
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 9
- 1. Akteure in Agrarsystemen 11
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
- 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
- Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
- 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
- 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
- 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
- 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
- 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
- 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
- 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
- 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
- 2.9 Zusammenfassung 149
- 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
- Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
- 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
- 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
- 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
- 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
- 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
- 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
- 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
- 3.8 Zusammenfassung 253
- 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
- Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
- 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
- Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
- 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
- Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
- 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
- Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
- 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
- Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
- Anmerkungen 755
- Tabellenanhang 824
- Farbabbildungsanhang 849
- Quellen- und Literaturverzeichnis 865
- Abkürzungsverzeichnis 918
- Tabellenverzeichnis 920
- Abbildungsverzeichnis 927
- Personenregister 933
- Ortsregister 934
- Sachregister 937