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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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512 Das „Landvolk“ und seine Meister umfangreiche Vieh-, vor allem Rinderhaltung mit eigener Aufzucht. Die agrarpo- litischen Forderungen umfassten erstens in technischer Hinsicht die Verbesserung der Bodenbearbeitung, der Saatgutpflege, der Bestellung und Pflege der Saaten sowie der Stallmistversorgung ; zweitens in betriebswirtschaftlicher Hinsicht die Forcierung des arbeitssparenden, aber organisatorisch aufwendigen Mähweidebe- triebes bei gegebener „Tüchtigkeit des einzelnen Bauern“ ; drittens auf dem Gebiet der Veredelungswirtschaft die Bereinigung der Rinderrassen sowie die Aufwer- tung züchterischer Grundsätze  – vielfach wisse „über die Einzelheiten im Stall nur die Bauersfrau Bescheid“  – aufseiten der männlichen Betriebsleiter ; viertens die Verminderung der Abhängigkeit von den im Zuge der „Landflucht“ verknapp- ten Gesindearbeitskräften. Zu den Forderungen der Acker-Graswirtschaften an die Agrarpolitik zählten erstens die Sicherung des Agrarpreisniveaus auf mittlerer Höhe bei gleichzeitiger Eindämmung der Kosten des Betriebsaufwandes ; zweitens müssten im Hinblick auf den Bedarf an ständigen Arbeitskräften einerseits der Einsatz arbeitssparender Maschinen und Geräte, andererseits die „Bindung der Landarbeiter an den bäuerlichen Hof“, etwa durch Landarbeiterwohnungen und -siedlungen, forciert werden.78 Bei den Weinwirtschaften in den klimatisch geeigneten Gebieten Niederdonaus und der Steiermark handelte es sich um arbeitsintensive Klein- und Mittelbetriebe mit mehr oder weniger Pachtlandanteil auf familienwirtschaftlicher Basis. Im Fall eines geringen Weinlandanteiles bei mittelbäuerlichem Zuschnitt ähnelte dieser Betriebstyp der in denselben Regionen vorherrschenden Ackerwirtschaft : erheb- liche Futtergrundlage, genügender Viehstand, ausreichender Stalldüngeranfall, harmonische Arbeitsverteilung  – kurz, erhöhte Krisenfestigkeit. Falls jedoch der Anteil der Weingärten an der Gesamtfläche  – typischerweise in den Zwerg- und kleinbäuerlichen Betrieben  – überhand nahm, dann erhob sich eine Reihe von Kri- tikpunkten : Unter dem Stallmistbedarf des Reblandes leide das Ackerland ; die verringerte Futterbasis führe bei dem im Krieg gegebenen Mangel an Kauffutter zur Einschränkung der Viehhaltung und der Veredelungsleistungen ; vielfach dien- ten Ackerbau und Viehhaltung nur mehr der Selbstversorgung oder erforderten im Extremfall sogar den Zukauf von Brot und Milch ; die einseitige Arbeitsverteilung führe zur Abhängigkeit von Taglohnarbeit sowie, bei fehlender Arbeitskraftversor- gung, zur Vernachlässigung von Ackerbau und Viehhaltung. Kurz, „die Feld- und Viehwirtschaft bilden in diesen Weinbetrieben gleichsam den Puffer, der unter Schonung des Rebbaues alle naturgegebenen und wirtschaftlichen Stöße auffangen muß [Hervor- hebung im Original]“. Agrarpolitisch seien daher ein Abbau der extrem einseitigen Ausrichtung auf den Weinbau sowie die Aufwertung von Ackerbau und Viehhal- tung gefordert. Die Forderung der Weinwirtschaften an die Agrarpolitik bestehe vor allem in der Sicherung hoher Weinpreise, die  – nach dem Preisverfall in der
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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