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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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516 Das „Landvolk“ und seine Meister Verwirklichung im „Gemeinschaftsaufbau im Bergland“ als einer „den gesamten Betriebsorganismus umfassende Bergbauernhilfe“. Die wechselseitige Abstimmung der agrarpolitischen und betriebswirtschaft- lichen Forderungen setze eine entsprechende Wirtschaftsberatung voraus ; diese müsse einerseits den Ansprüchen der Agrarpolitik an die Betriebe zum Durch- bruch verhelfen, andererseits an den Grundlagen für die berechtigten Ansprüche der Betriebe an die Agrarpolitik mitwirken  – bis hin zur völligen Verschmelzung von Agrarpolitik und Landbau.86 Doch in welcher Weise sollte diese Vermitt- lungsleistung angelegt sein, um Erfolg zu haben ? Während sich Lechler darauf beschränkte, die Notwendigkeit der Wirtschaftsberatung zu betonen, äußerte sich Löhr an anderer Stelle ausführlich zu dieser Frage. Er sah die Antwort da- rauf weniger in einem belehrenden, als in einem verstehenden Zugang  – in ei- ner Wirtschaftsberatung, die auf dem Verständnis des ‚Wesens‘ der bäuerlichen Arbeit aufbaute.87 Die bäuerliche Arbeit unterscheide sich grundlegend von den kapitalistischen Arbeitsverhältnissen eines Unternehmers oder Lohnarbeiters ; sie sei kein Beruf, sondern „ausschließlicher Lebensinhalt“. Es waren vor allem zwei Momente  – ein räumliches und ein zeitliches  –, welche die nicht- oder vorkapi- talistische Eigenart der Bauernarbeit prägten. In räumlicher Hinsicht sei die bäu- erliche Arbeit eins mit der Natur ; selbst die Landtechnik habe diese organische Verbindung nur gelockert, nicht getrennt : „Der Arbeitsvollzug ist die urtümliche Reaktion auf den gesetzmäßigen Ablauf aller Naturvorgänge. Daraus wird die Naturverbundenheit der Bauernarbeit ebenso erklär- lich wie die Erscheinung, daß das bäuerliche Wesen vom Zeitgeschehen weitgehend unberührt bleibt. Das Arbeitsmotiv wird nicht durch einen Zwang von außen her ge- bildet, sondern durch die unmittelbare Nähe der Natur, die selber bestimmt, wann sie an sich arbeiten läßt. Die bäuerliche Arbeitszeit wird nicht an der Uhr gemessen, sondern die Natur zeigt dem Bauern seine Bahn für die Arbeit [Hervorhebungen im Original].“88 In zeitlicher Hinsicht sei die bäuerliche Arbeit an die Tradition gebunden ; selbst die sich allmählich durchsetzenden Neuerungen blieben darin eingebettet : „Denn bis in unsere Tage wurde die bäuerliche Grundhaltung von dem bestimmt, was vor Zeiten ins bäuerliche Bewußtsein einging. Das Gegenwärtige wird vom Bauern am Vergangenen gemessen und das Interesse am Zukünftigen steht ebenso unter dem Eindruck der Tradition. Die Überlieferung als Machtsphäre vergangener Gescheh- nisse verleiht dem Bauern zwangsläufig eine Prägung, die bei flüchtiger Betrachtung mit Schwerfälligkeit und Rückständigkeit im Handeln verwechselt wird.“89
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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