Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Page - 528 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 528 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Image of the Page - 528 -

Image of the Page - 528 - in Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945

Text of the Page - 528 -

528 Das „Landvolk“ und seine Meister Landvolk muß mithelfen.135 Wenn sich die jeweilige Botschaft nicht an das gesamte „Landvolk“ richtete, war im Allgemeinen der „Bauer“ angesprochen ; besondere Erfordernisse, so etwa die Konservierung der Ackerfrüchte  – Kampf dem Verderb in der Erntezeit ! Was die Bäuerin alles bedenken muß136  – wurden als weiblich markiert. Innerhalb des Spektrums an Erfordernissen betraf die überwiegende Zahl an Ar- tikelüberschriften das Wissen-Müssen. Darunter war das 1938 eingeführte REG, das weitreichende Eingriffe in die Verfügungsgewalt über Haus und Hof vorsah, eine häufiges Thema : Was jeder vom Reichserbhofgesetz wissen muß.137 Einen weite- ren Schwerpunkt bildeten die vielfältigen Förderungsmaßnahmen : Tausend Mark und mehr als Hochzeitsgeschenk. Was jeder über die Förderung des Landvolkes wissen muß !138 Breiten Raum nahmen die Marktordnungs- und Bewirtschaftungsmaß- nahmen ein : Was muß der Bauer über die Bezugsscheinpflicht wissen ?139 Das Wissen- Müssen bezog sich fast ausschließlich auf die Fülle an neuen Vorschriften im Zuge von „Anschluss“ und Kriegsbeginn in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft. Die Implementierung der staatlichen Regulation weiter Wirtschafts- und Lebensbereiche 1939/40 erforderte einen enormen Aufwand ; unter anderem ging es darum, die Fülle an neu eingeführten und abgeänderten Vorschriften im Bewusstsein der Landbevölkerung zu verankern, über die Agrarpresse in die Köpfe, im Wortsinn, einzuschreiben. Mit der Aufwertung der Rechtskundigkeit wurden Irrtümer, Gerüchte, Illusionen  – zentrale Bestandteile des Erfahrungswissens  – ab- gewertet. Auf diese Weise hievte sich der Reichsnährstand über das Wochenblatt in eine paternalistische Position als Ratgeber der bäuerlichen Klientel und ermäch- tigte sich als Meister des „Landvolkes“. Die Indienstnahme des „Landvolkes“ in den Wochenblatt-Überschriften ging vielfach einher mit den qualitativen und quantitativen Etiketten „neu“ und „mehr“. Das wellenartige Auf und Ab der Häufigkeiten der beiden Begriffe lässt auf eine wohldosierte Ausbeutung der Aufmerksamkeit der Leserschaft durch die Wochen- blatt-Macher schließen : Pressekampagnen mit den Schlüsselbegriffen „neu“ oder „mehr“ nutzten sich bei längerer Dauer wegen des Gewöhnungseffekts ab ; durch Zwischenpausen konnte sich die Aufmerksamkeit der Leserschaft regenerieren und erneut ausgeschöpft werden. Hinsichtlich der Verwendung von „neu“ zeich- nete sich zu Jahresanfang 1943 eine Umdeutung ab, den ein Leitartikel von Lan- desbauernführer Anton Reinthaller unter der Überschrift Wir schaffen Brot für das neue Deutschland markierte : „Erst im Ringen auf Tod und Leben mit dem Bolschewismus und der kapitalistischen Reaktion wurden wir alle sehend. Denn Gefahren, die uns von außen her bedrohen, können wir nur durch die zusammengeballten Kräfte der ganzen Nation mit Erfolg begegnen. […] Trotz aller Lasten und scheinbarer Widersprüche dürfen wir Bauern
back to the  book Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945"
Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Schlachtfelder