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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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529Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? vertrauensvoll in die Zukunft blicken, denn die Verheißungen werden eingelöst wer- den, wenn Deutschland wieder Handlungsfreiheit besitzt, und müssen eingelöst wer- den, wenn Deutschland leben will. Im Glauben an den Führer treten wir wieder hinter den Pflug, denn weiterhin gilt für uns die Parole : „Anspannen und Brot schaffen für ein neues Deutschland und für das kommende Europa.“140 Die Erneuerung, von der hier die Rede war, unterschied sich grundlegend von der Begriffskonjunktur von „neu“ zwischen „Anschluss“ und Kriegsbeginn : Ers- tere operierte defensiv, Letztere offensiv. Das Attribut „neu“ bezog sich 1939 auf eine Reihe von Neuerungen, die in der Ostmark aus dem „Altreich“ übernommen oder im Zuge der „Kriegsernährungswirtschaft“ eingeführt wurden ; es referierte auf eine Gegenwart, die scharf von der Vergangenheit der „Systemzeit“ abgeho- ben schien. Das „neue Deutschland“, von dem ab 1943 vermehrt die Rede war, hatte hingegen keinen gegenwärtigen Referenten ; es bezog sich auf eine nach dem „Endsieg“ erst zu schaffenden Zukunft. Dieser Erwartungshorizont war darauf an- gelegt, der alltäglichen Misere im bäuerlichen Erfahrungsraum durch Projektion auf äußere „Feinde“ einen Sinn abzugewinnen  – und darüber das schwindende Vertrauen des „Landvolks“ in die Führung zu festigen.141 Dass der Diskurs des Wochenblatts gemeinschaftsstiftende Appelle enthielt, wird in der Häufung des Personalpronomens „wir“ und des Possessivpronomens „un- ser“ in den ersten Jahren der NS-Ära deutlich. Häufig fanden die beiden Begriffe in Überschriften, die dem Frage-Antwort-Schema folgten, Verwendung : Wozu brauchen wir die Hofkarte ? Sie hilft uns in der Erzeugungsschlacht.142 Die Gemein- schaften, auf die sich das „Wir“ bezog, variierten zwischen engeren und weiteren Grenzziehungen. Im engeren Sinn war der Reichsnährstand gemeint, meist in sei- ner paternalistischen Position gegenüber der bäuerlichen Klientel : Wir wissen, wo den Bauern der Schuh drückt.143 Im weitesten Sinn war mit „wir“ das ‚Eigene‘  – die „Nation“, das „Volk“, das „Deutschtum“  – in Abgrenzung zu ‚den Anderen‘ ge- meint : Warum haben wir Anspruch auf Böhmen und Mähren ?144 Meist bezog sich der „Wir“-Diskurs, einer mittleren Grenzziehung folgend, auf das „Landvolk“. Bei der Akzentuierung des bäuerlich-völkischen Gemeinschaftsentwurfs wurde nicht nur der innere Zusammenhalt, sondern auch die Grenze zum Außenbereich markiert ; das war etwa beim Umgang mit Kriegsgefangenen und ausländischen Zivilarbeits- kräften der Fall : Feind bleibt Feind  – auch in Kriegsgefangenschaft. Eine Mahnung und Warnung an unser Landvolk.145 Überschriften mit dem Wort „unser“ behaupteten ein Besitzverhältnis zwischen dem Wir-Subjekt und einem Objekt, vor allem den Ressourcen der ländlichen Betriebs- und Haushaltsführung : Die Marktordnung hilft unserem Gemüsebau,146 Die wichtigen Grundsätze zur Winterfütterung unserer Milchkühe,147 Sind unsere Ma-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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