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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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538 Das „Landvolk“ und seine Meister auf taube Ohren stößt, sucht die Überzeugungskraft des Filmmediums die Augen für den rechten Weg zum „Wirtschaftserfolg“ zu öffnen. Um der vom Ideal abweichenden Realität der Wirtschaftsberatung vor Ort auf die Spur zu kommen, scheint ein Blick auf deren Organisation auf Kreis- und Ge- meindeebene geboten. Gemäß der Idealvorstellung verfügte jeder Landkreis über eine Wirtschaftsberatungsstelle, die eng mit Landwirtschaftsschule und Kreisbau- ernschaft kooperierte. Die Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftsschule be- stand vor allem darin, dass der Beratungsleiter und die Wirtschaftsberater/-innen meist zugleich Lehrende waren. Für die Schule sollte dadurch der Praxisbezug ge- währleistet sein : „Die Schule schöpft durch die Wirtschaftsberatung unmittelbar aus der breiten Masse der Wirtschaftsbetriebe Erkenntnis und Anregungen, lebt dadurch mit und bleibt darum auch lebensnahe und lebenswahr.“179 Einen häufig debattierten Konfliktpunkt stellte die für die Wirtschaftsberatung aufgewendete Zeit dar, vor allem für die „Bewältigung der durch die Kriegswirtschaft zum rei- ßenden Strom angeschwollenen Papierflut, die, wenn man ihr nicht entschieden zu Leibe rückt, alles Leben zu vernichten droht“.180 Die Kooperation mit der Kreis- bauernschaft bestand vor allem in der fachlichen Beratung des Kreisbauernfüh- rers durch den Beratungsleiter, häufig Direktor der Landwirtschaftsschule. Aus der unklaren Abgrenzung der Kompetenzen zwischen den beiden ergab sich auch der häufigste Konfliktpunkt, nämlich die „unnötigen Auseinandersetzungen“ über die Beziehung des Beratungsleiters zu „landwirtschaftlich fachlich wichtige[n] Beschlüsse[n] im Rahmen der Kreisbauernschaft“.181 Die Arbeitsorganisation in der Wirtschaftsberatungsstelle folgte einem hi- erarchischen Muster. Der Beratungsleiter legte nach den Weisungen der Lan- desbauernschaft in Zusammenarbeit mit dem Kreisbauernführer und dem Stabsleiter die Richtlinien für die Wirtschaftsberatung im Kreis fest, teilte die Wirtschaftsberater/-innen, einschließlich der Hauswirtschaftslehrerinnen, ein und leitete die Schulung der örtlichen Hofberater. Die Wirtschaftsberater/-innen führ- ten die Beratungstätigkeit in den ihnen zugeteilten Abschnitten nach den grund- sätzlichen Weisungen des Beratungsleiters selbstständig durch ; zudem wurden sie für Aufträge in anderen Abschnitten, etwa für Vorträge, Saatgutanerkennungen oder Hofbegehungen, herangezogen. Während sich die Wirtschaftsberater auf die hauptsächlichen Zweige des Landwirtschaftsbetriebs konzentrierten, widmeten sich die Wirtschaftsberaterinnen Bereichen wie der Hauseinrichtung, der Klein- tierhaltung oder dem Bauerngarten. Vor allem aber machten sie Vorschläge zur Verminderung der weiblichen Arbeitszeit, denn : „Die Tätigkeit der Landfrau ist nicht nur auf Haus, Küche und Vorratsbeschaffung beschränkt  – wie etwa bei den Durchschnitts-Stadthausfrauen  –, sondern ist so vielseitig, daß zu alldem der Tag beinahe zu kurz ist.“182 Auf Weisung von Landesbauernführer Anton Reinthal-
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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