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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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554 Das „Landvolk“ und seine Meister sen. Erhöhung des Viehpreises, was für die Gebirgsbauern am wirksamsten wäre, üben sich wieder ungünstig aus, wegen Erhöhung des Fleischpreises. Die Spanne sen- ken, von Viehpreis bis zum Fleischpreis, welche entschieden sehr hoch ist, ist wieder nachteilig für die Gewerbetreibenden, welche auch sehr hoch besteuert ist. Gibt nur die einzige Möglichkeit, der bedrängten Gebirgsbevölkerung zu helfen, die Steuern eher senken als erhöhen. Die Reichsbeihilfe, welche bei Ankauf von Maschinen und landwirtschaftlichen Betriebsartikeln eine gute Hilfe ist, weil wir eine große Anzahl von Wirtschaften haben, welche in dieser Beziehung noch sehr im Rückstand sind, ist auch für viele Bauern zwecklos, weil das nötige Geld, was über die Beihilfe fehlt, nicht vorhanden ist. Es ist wahr, unsere Bauern haben beim Weltkriege noch grö- ßere Lasten gehabt, aber Erstens waren damals die Einnahmen den Ausgaben bes- ser angepaßt, und zweitens hatten wir eine gut gehende, durch eigene Ersparnissen gut gestützte und befestigte Landwirtschaft welche die schweren Lasten des Krieges leichter ertragen konnte. Man darf nicht vergessen, daß unsere Gebirgsbevölkerung in der Sistemzeit schon in eine ganz mißerable Wirtschaftslage gekommen war, obwohl in dieser kurzen Zeit, von Umbruch bis zum jetzigen Krieg, sehr viel geleistet wurde, geht der Aufbau besonders der Landwirtschaft im Gebirge nicht so schnell. Deshalb ist es höchst notwendig, und der Behörden strengste Pflicht das Loos der bedrängten Gebirgsbevölkerung etwas zu erleichtern. Ich bin jener Bauer, dem Sie am 21. II. 1941 wegen Beihilfe für Viehunglück vorladen ließen. Unsere Bevölkerung ist sich vollkommen klar, daß in dieser harten Zeit jeder die Pflicht hat, die schwersten Op- fer zu bringen. Aber durch überhöhte Steuerlast die Wirtschaften zugrunde richten, schädigt nur der Allgemeinheit. Nochmals bittend, daß das schwierige Problem der Steuerfrage in richtigen Ausmaß gehört werde schließt Leitner Leopold. Heil Hitler ! [Schreibfehler im Original]“238 Leitners Brief folgt nicht den Positionen des rationellen Landwirts oder des sip- penverbundenen Bauern, welche die Spezialdiskurse des NS-Apparats konstruieren. Darüber hinaus übernimmt er nicht einfach die eine oder andere Position des In- terdiskurses der NS-Dorfelite ; vielmehr scheint er mit ihnen spielerisch umzuge- hen. Indem der Schreibende mehrmals zwischen bäuerlichen Subjektpositionen hin- und herpendelt, verwendet er sie als Baumaterial für einen Selbstentwurf jen- seits vorgefertigter Fremdentwürfe. Dieses „Sinnbasteln“239 wird etwa in folgender Textsequenz greifbar : Zunächst spricht der politisch korrekte Volksgenosse  – „Man darf nicht vergessen, daß unsere Gebirgsbevölkerung in der Sistemzeit schon in eine ganz mißerable Wirtschaftslage gekommen war“  –, der bald einen Sprecher- wechsel ankündigt  – „obwohl in dieser kurzen Zeit, von Umbruch bis zum jetzigen Krieg, sehr viel geleistet wurde“  – und das Wort an den Meckerer weitergibt  – „geht der Aufbau besonders der Landwirtschaft im Gebirge nicht so schnell“  –, um dem
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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