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Nach 1918
Schlachtfelder - Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
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577Der Markt und seine (Un-)Ordnung Die Regulative der Marktordnung und Bewirtschaftung einerseits, des Kriegs- wirtschaftsstrafrechts andererseits bezogen sich vor allem auf die Distribution der Agrargüter zwischen Produzenten- und Konsumentenseite ; die Produktion dieser Güter blieb davon unberührt. Die nationalsozialistische Agrarpolitik stand jedoch angesichts sinkender Agrarimporte aus dem Ausland  – wegen der Schrumpfung der dafür bereitgestellten Devisen  – und steigender Inlandsnachfrage  – wegen des industriellen Wachstumsschubs  – unter dem „Diktat maximaler Produktionsleis- tung“.32 Dies umso mehr, als die „Erkenntnis, daß Kriegsernährungswirtschaft erst- wesentlich aktive Erzeugungspolitik sein muß“, als eine der „Lehren des Weltkrie- ges“ 1914 bis 1918 galt.33 In diesem Zusammenhang rief der Reichsnährstand im „Altreich“ ab 1934 nach dem italienischen Vorbild der „Weizenschlacht“ (battaglia del grano) jährliche „Erzeugungsschlachten“ aus.34 Nach dem „Anschluss“ bezogen die Machthaber auch die Ostmark in die „Erzeugungsschlacht“ ein. Agrarexper- ten stuften das Intensivierungspotenzial der vergleichsweise extensiven Landwirt- schaft Österreichs, vor allem der Milchwirtschaft, als erheblich ein.35 Dennoch wurde von der Eingliederung der Ostmark in den deutschen Agrarraum keine we- sentliche Steigerung des Selbstversorgungsgrades des Deutschen Reiches erwartet ; die Erwartungen richteten sich vielmehr auf Wien als „Brücke“ zu den agrarischen Überschussgebieten Südosteuropas.36 Ab Kriegsbeginn, verstärkt ab dem Über- gang vom „Blitzkrieg“ zum Abnützungskrieg 1941/42 wurde die Forderung nach Produktionssteigerungen auf das Halten des Status quo heruntergeschraubt.37 Die Schwerpunkte der „Erzeugungsschlacht“ wurden zwar jährlich nachjus- tiert ; doch im Großen und Ganzen entsprach die Rangfolge dem, was Herbert Ba- cke, der als Entscheidungsträger in der Vierjahresplanbehörde Richard W. Darré als obersten Organisator der Ernährungswirtschaft schrittweise an den Rand drängte,38 1939 vorgab : „1. Insgesamt höhere Ernten. 2. Erweiterung, mindestens Erhaltung des Hackfruchtanbaus. 3. Verbreiterung einer wirtschaftseigenen Futtergrundlage (Zwischenfruchtanbau, Gärfutterbehälter, Luzerne, zweckmäßige Weidewirtschaft, Mais usw.). 4. Verstärkter Ölpflanzenanbau. 5. Steigerung des Faserpflanzenanbaus zur Erreichung einer für die deutsche Volks- wirtschaft notwendigen Eigenversorgung. 6. Verstärkter Gemüseanbau. 7. Gesunde und leistungsfähige Viehbestände, deren Umfang auf die eigene Futter- grundlage abgestimmt ist. 8. Weitgehender Ausbau und Stabilisierung der Milchwirtschaft als eine der wich- tigsten inländischen Fettquellen.
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Schlachtfelder Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Schlachtfelder
Subtitle
Alltägliches Wirtschaften in der nationalsozialistischen Agrargesellschaft 1938–1945
Author
Ernst Langthaler
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2016
Language
German
License
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20065-9
Size
15.5 x 23.5 cm
Pages
948
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 9
  2. 1. Akteure in Agrarsystemen 11
  3. Nationalsozialistische Agrargesellschaft als Forschungsgegenstand 11
    1. 1.1 Von (Re-)Aktionsmustern zu Interaktionsfeldern 11
    2. 1.2 Agrarsysteme und Landwirtschaftsstile im Kräftefeld 16
    3. 1.3 Instrumente der Feldvermessung 26
  4. 2. Anatomie eines „lebenden Organismus“ 36
  5. Manövrieren im Feld der Betriebs- und Haushaltsführung 36
    1. 2.1 Die Konstruktion des „Hoforganismus“ 36
    2. 2.2 Höfe im Fokus der Betriebszählung 44
    3. 2.3 Höfe im Fokus der Buchführung 55
    4. 2.4 Höfe im Fokus der Hofkarte 68
    5. 2.5 Blicke hinter das Hoftor 79
    6. 2.6 Im Raum des (unter-)bäuerlichen Wirtschaftens 102
    7. 2.7 Im Raum der Gutswirtschaft 116
    8. 2.8 Durchleuchtete Höfe 128
    9. 2.9 Zusammenfassung 149
  6. 3. „Entjudete“ Güter, „deutsche“ Bauernhöfe 151
  7. Manövrieren im Feld des Grundbesitzes 151
    1. 3.1 „Blut und Boden“ – eine wirkmächtige Metapher 151
    2. 3.2 Regulative der Ent- und Verwurzelung 156
    3. 3.3 Das Doppelgesicht der Bodenordnung 172
    4. 3.4 Verbäuerlichung durch „Entjudung“ 187
    5. 3.5 Schollenbindung oder Parzellenhandel ? 199
    6. 3.6 Wer ist (k)ein „Bauer“ ? 216
    7. 3.7 „Grundstücksverkehr“ vor Ort 230
    8. 3.8 Zusammenfassung 253
  8. 4. „Menschenökonomie“ unter Zwang 257
  9. Manövrieren im Feld der Landarbeit 257
    1. 4.1 Die Steuerung der „Landflucht“ 257
    2. 4.2 Die Steuerung des „Reichseinsatzes“ 277
    3. 4.3 Arbeit als alltägliches Kräftefeld 298
    4. 4.4 Gerechter Lohn oder Ausbeutung ? 322
    5. 4.5 „Menschenökonomie“ vor Ort 347
    6. 4.6 Zusammenfassung 371
  10. 5. Die abgebrochene „Dorfaufrüstung“ 375
  11. Manövrieren im Feld des Betriebskapitals 375
    1. 5.1 „Bauerntum“ und Technik – (k)ein Widerspruch ? 375
    2. 5.2 „Bauernstolz“ oder Klientenmentalität ? 385
    3. 5.3 Staatshilfe als „Auslese“ 404
    4. 5.4 „Aufrüstung“ in den Bergen 436
    5. 5.5 Kapitaleinsatz vor Ort 472
    6. 5.6 Zusammenfassung 494
  12. 6. Das „Landvolk“ und seine Meister 497
  13. Manövrieren im Feld des Agrarwissens 497
    1. 6.1 Das agronomische Expertensystem 497
    2. 6.2 Vordenker des „Aufbaus“ 506
    3. 6.3 Bindeglied zwischen Führung und „Landvolk“ ? 518
    4. 6.4 Wirtschaftsberatung vor Ort 534
    5. 6.5 Die imaginierte „Volksgemeinschaft“ 543
    6. 6.6 Zusammenfassung 566
  14. 7. Ordnung und Chaos des Marktes 570
  15. Manövrieren im Feld der Agrargüter 570
    1. 7.1 Der Markt und seine (Un-)Ordnung 570
    2. 7.2 Lange Schatten, kurzer Prozess 585
    3. 7.3 Öffentliche Bewirtschaftung, privates Wirtschaften 593
    4. 7.4 Die verlorene „Erzeugungsschlacht“ ? 620
    5. 7.5 „Kriegserzeugungsschlacht“ vor Ort 642
    6. 7.6 Vom Wert der Landarbeit 669
    7. 7.7 Zusammenfassung 695
  16. 8. Eine grünbraune Revolution ? 699
  17. Nationalsozialistische Agrargesellschaft im Systemvergleich 699
    1. 8.1 Jenseits von Traditionalität und Modernität 699
    2. 8.2 Großbritannien und die Ostmark im Krieg 709
    3. 8.3 Österreich zwischen Krise und Boom 726
    4. 8.4 Versuchsstation des völkischen Produktivismus 742
  18. Anmerkungen 755
  19. Tabellenanhang 824
  20. Farbabbildungsanhang 849
  21. Quellen- und Literaturverzeichnis 865
  22. Abkürzungsverzeichnis 918
  23. Tabellenverzeichnis 920
  24. Abbildungsverzeichnis 927
  25. Personenregister 933
  26. Ortsregister 934
  27. Sachregister 937
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