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Diaspora und Kultur 83
logischen Kampfes, in dem gesellschaftliche Konventionen, Normen, und Werte
ständig bestritten und (wieder-)ausgehandelt werden.
Diese veränderte und erweiterte Bedeutung von Kultur entstand im Kontext
der im angelsächsischen Wissenschaftsdiskurs aufkommenden Cultural Studies.
Als ersten wegweisenden Text, der aus der Tradition der englischen Literatur-
wissenschaft entstanden ist, nennen die Kulturwissenschaftlerin Christina Lutter
und der Kulturhistoriker Markus Reisenleitner in ihrer Einführung den 1958
veröffentlichten Text The Uses of Literacy des Kultursoziologen Richard Hog-
gart (23–25). In diesem literaturwissenschaftlichen Ansatz wird Kultur zum
ersten Mal nicht nur im Sinne von Hochkultur, sondern auch im Sinne von Popu-
lärkultur verstanden. Das Alltagsleben der Arbeiterklasse rückt in den Fokus,
und Erfahrung wird dabei zur zentralen wissenschaftlichen Analysekategorie
(Hoggart). Der Kulturtheoretiker Raymond Williams verfolgt einen ganz ähnli-
chen Ansatz von Kultur als gelebter Erfahrung, für ihn beschreibt Kultur: „[A]
whole way of life, […] as a mode of interpreting all our common experiences“
(„Culture Is Ordinary“ 3). In seinem 1953 erschienenen Artikel „The Idea of
Culture“ zeichnet er die Entwicklung des Kulturbegriffes etymologisch und
historisch nach. Beide bis dahin gültigen Definitionen von Kultur, als „a state of
mind“ und als „leisure-time activity“ (241), genügen seiner Meinung nach den
gesellschaftlichen Anforderungen und Veränderungen des zwanzigsten Jahrhun-
derts nicht: Weder kann Kultur als reine Hochkultur noch als purer Zeitvertreib
definiert werden, vielmehr gilt: „The idea of culture is a focusing of a number of
particular responses to change“ (245). Für Williams sind es jedoch nicht nur
einzelne Erfahrungen, sondern die Gesamtheit der Lebenswelt, welche Kultur als
Antwort auf Veränderungen ausmacht: „The idea of culture is not to be consid-
ered as a process of independent evolution; it is shaped and at times directed by
the total environment to which it is one kind of response“ (245). Kultur ist somit
Medienraum Diaspora
Verortungen zeitgenössischer iranischer Diasporafilme
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 1
- 2 Diaspora/Film im Wandel 33
- 3 Verortung der iranischen Diaspora 65
- 4 Neue diasporafilmische Räume 107
- 5 Post-Diasporafilm oder Postdiaspora-Film? Ein Fazit 227
- Bibliographie 241
- Filmographie 267