Seite - 171 - in Medienraum Diaspora - Verortungen zeitgenössischer iranischer Diasporafilme
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174 Neue diasporafilmische Räume
Heimweg vom Schulfest, an der Sachertorte verkaufenden Konditorei Oberwal-
der mit gesenktem Kopf vorbeischlendernd, imaginiert Marjane anschließend ein
Gespräch mit ihrer Großmutter (Abb. 4.3). Ihre Großmutter (im französischen
Original gesprochen von Danielle Darrieux) nimmt sie auf den Arm und wundert
sich, dass ihre Enkelin nun nicht mehr Iranerin, sondern Französin sei. Marjane
entgegnet, dass es nicht einfach sei, in Wien Iranerin zu sein. Es sollte ange-
nommen werden können, im internationalen Umfeld einer multikulturellen Schu-
le wie dem Lycée Français de Vienne seien solch national-ethnische Zuschrei-
bungen überflüssig. In dieser Szene jedoch, sowie in der ganzen Sequenz über
ihre Zeit in Wien, scheint die „cultural diversity“ im Sinne einer klaren Zu-
schreibung und Trennung nach Nationalgrenzen und nicht Vereinbarkeit von
„cultural difference“ in Marjanes Wahrnehmung im Vordergrund zu stehen.
Marjanes Erinnerung an ihre Großmutter stellt über die Imagination eines Ge-
spräches mit ihr eine Verknüpfung zu Herkunft, Familie und kultureller Identität
dar. Als Kind noch Gespräche mit Gott führend, unterhält sich Marji fernab ihrer
Familie in Wien nun in Gedanken mit ihrer Großmutter, die ähnlich wie Sorayas
Onkel in Walls of Sand als Schwellenfigur und Bindeglied fungiert und dadurch
erneut einen kindlich-jugendlichen Raum der Subjektwahrnehmung und Identi-
tätsbildung eröffnet.
Abb. 4.2 und 4.3 Persepolis, „Marjanes imaginierte Gespräche“, Frankreich 2007
Medienraum Diaspora
Verortungen zeitgenössischer iranischer Diasporafilme
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung 1
- 2 Diaspora/Film im Wandel 33
- 3 Verortung der iranischen Diaspora 65
- 4 Neue diasporafilmische Räume 107
- 5 Post-Diasporafilm oder Postdiaspora-Film? Ein Fazit 227
- Bibliographie 241
- Filmographie 267