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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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194 Als Siegfried Weyr, der Chefredakteur der so- zialdemokratischen Illustrierten Der Kuckuck, am 10. Februar 1934 von seinem Büro im Verlagsgebäude „Vorwärts“ in der Rechten Wienzeile 97 nach Hau- se geht, ist die Welt noch einigermaßen in Ordnung. Zwar haben die Angriffe der autoritären Regierung den Spielraum der Zeitung bereits erheblich einge- schränkt, etwa durch die Einführung der Vorzensur. Aber immerhin: Die Zeitung kann noch erscheinen. An diesem 10. Februar wird, das kann er zu diesem Zeitpunkt freilich noch nicht wissen, die letzte Num- mer des Kuckuck ausgeliefert. Zwei Tage später hat sich die politische Situation vollkommen verändert. Ein kurzer, heftiger Bürgerkrieg beginnt. Die Reakti- on der Regierung lautet: Repression. Alle sozialdemo- kratischen Partei- und Gewerkschaftsorganisationen sowie Presseerzeugnisse werden verboten, eine Ver- haftungswelle erfasst die politisch verantwortlichen Funktionäre der Partei. Auch Redakteure sind davon betroffen. Siegfried Weyr entgeht auf scheinbar wun- derbare Weise der Verfolgung. Er wird nicht nur nicht verhaftet, sondern arbeitet auch weiterhin an seiner alten Arbeitsstätte. Der Grund ist einfach: Er hat die politischen Seiten gewechselt. Weyr, der in einschlägigen Publikationen bisher vor allem als heroischer Chefredakteur einer linken Oppositionszeitschrift und als „Erfinder“ der politi- schen Fotomontage in Österreich gefeiert wurde, hat auch eine politische Kehrseite, über die bisher wenig bekannt ist. Zwar finden sich einige wenige verstreu- te Hinweise, dass er nach 1934 für regierungsnahe Blätter gearbeitet habe, aber Genaueres war bisher nicht bekannt.1 Inzwischen lässt sich belegen, dass Weyr nach dem Verbot des Kuckuck beruflich fast nahtlos an seine bisherige berufliche Tätigkeit an- knüpfen kann: Im März 1934 wird er verantwortli- cher Redakteur der ehemaligen sozialdemokratischen und nun regierungstreuen illustrierten Wochenzei- tung Bunte Woche, die, nach einer kurzen Unterbre- chung, im inzwischen enteigneten Verlagshaus „Vor- wärts“ hergestellt und gedruckt wird (Abb.  1).2 Am 14. April 1934 bestätigt die – inzwischen unter Regie- rungskontrolle stehende – Druck- und Verlagsanstalt „Vorwärts“, „dass Herr Redakteur Siegfried Weyr bei uns seit 1. März 1934 beschäftigt ist und bei der Ver- sicherungskasse der Presse angemeldet wurde.“3 Reaktion  und  Moderne Der Fall Weyr ist auf den ersten Blick nur eine Marginalie in der Geschichte der illustrierten Pres- se der Zwischenkriegszeit. Bei genauerem Hinsehen Bilder als Propaganda · Die illustrierte Regierungspresse nach 193415 Abb.  1  Die  sozialdemokrati- sche  Bunte Woche  wird  nach  dem  Verbot  der  Sozialdemo- kratie  im  Februar  1934  unter  neuen  politischen  Vorzeichen  weitergeführt.  Sie  steht  nun  unter  Regierungskontrolle.  Bunte Woche,  22.  April  1934,  Titelseite. 
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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