Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Medien
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Seite - 248 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 248 - in Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945

Bild der Seite - 248 -

Bild der Seite - 248 - in Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945

Text der Seite - 248 -

248 Politische Bilder · Die Kultur der Arbeiterfotografie Wien, Mitte der 1920er Jahre: Das „Rote Wien“ steht in voller Blüte, die Aufbruchstimmung der Sozialdemo- kratie ist ungebrochen. Bei den Nationalratswahlen im ersten Jahrzehnt nach dem Krieg erreicht die Sozialde- mokratische Arbeiterpartei (SDAP) zwischen 35,9 Pro- zent (1920) und 42,3 Prozent (1927) und etabliert sich neben den Christlichsozialen als zweite große Partei. Zwar währt ihre Beteiligung an der Bundesregierung nur kurz, von Ende 1918 bis 1920. Aber in der Haupt- stadt Wien gehen die politischen Uhren anders. Hier hat die Sozialdemokratie 1918 die Macht übernom- men und hier kann sie diese eineinhalb Jahrzehnte lang (bis 1933/34) erhalten und sukzessive ausbauen. Innerhalb weniger Jahre gelingt es der Partei, in der Hauptstadt eine tief verwurzelte soziale und kulturelle Gegenwelt zur „bürgerlichen“ Welt zu schaffen. Das „Rote Wien“ umfasst alle Lebensbereiche: von der Ar- beit über das Wohnen, den Sport und die Freizeit bis hin zur öffentlichen Meinung. Die Fotografie spielt innerhalb dieser sozialdemo- kratischen Gegenkultur eine wichtige Rolle. In den 1920er Jahren entwickelt sich – vor allem in Wien, teilweise auch in Graz – eine facettenreiche Arbeiter- fotobewegung. Um sich ein Bild dieser Bewegung um 1930 machen zu können, ist es sinnvoll, die un- terschiedlichen organisatorischen Stränge zu unter- scheiden.1 Bedeutsam sind die Fotosektionen des 1895 gegründeten sozialdemokratischen Touristen- vereins Die Naturfreunde, der ab Mitte der 1920er Jahre ein reges Vereinsleben entwickelt. Aber auch an den Volkshochschulen werden in den 1920er Jahren Arbeiterfotogruppen gegründet. Schließlich gibt es eine Reihe von Berufsfotografen und Fotoamateuren, die vor allem in der Presse veröffentlichen und sich ebenfalls der Arbeiterfotobewegung zugehörig fühlen. Das wichtigste publizistische Organ all dieser unter- schiedlichen Gruppierungen ist die sozialdemokra- tische Illustrierte Der Kuckuck, die 1929 gegründet wurde. Sozialdemokratische  und  kommunistische  Parteizeitungen Ab Mitte der 1920er Jahre ist Julius Braunthal, der als junger Journalist in der Redaktion der Wie- ner Arbeiter-Zeitung Erfahrungen gesammelt hat, für den Expansionskurs der sozialdemokratischen Pub- lizistik verantwortlich. Er ist es, der im parteieigenen Vorwärts-Verlag auf eine Erweiterung und Populari- sierung der parteinahen Presse drängt. Ihm schwebt ein mächtiger sozialdemokratischer Zeitungs- und Zeitschriftenkonzern vor, der tonangebend in der öf- fentlichen Meinung sein sollte. 1927 gründet er mit großem Erfolg die linke Boulevardzeitung Das Kleine Blatt, die 1930/31 eine tägliche Auflage von 173 000 erreicht.2 Zwei Jahre später, 1929, folgt mit dem Kuckuck eine auflagenstarke Illustrierte, die in Inhalt und Gestaltung mit der bürgerlichen Presse nicht nur Schritt hält, sondern diese deutlich übertrifft (Abb.  1).3 1932 erhält Das Kleine Blatt mit der Bun- ten Woche eine illustrierte Wochenendausgabe, ein Jahr später, im Februar 1933, kommt die Wochenil- lustrierte Rundfunk hinzu. Dazu kommen zahlreiche weitere Zeitschriften und Publikationen, ebenso wie regionale Blätter. Die Zeitungsneugründungen der 1920er Jahre die- nen dem Ausbau und der Festigung einer spezifisch sozialdemokratischen Kultur. Sie richten sich explizit gegen die Dominanz der bürgerlichen Presse und ab etwa 1930 zunehmend auch gegen die Nationalsozia- listen (Abb.    2). Aber auch die Abgrenzung gegen die Kommunisten spielt, etwa bei der Gründung des Ku- ckuck, eine gewisse Rolle. 1928, also ein Jahr vor dem Start des Kuckuck, versucht nämlich die kommunis- tische deutsche Arbeiter-Illustrierte Zeitung (AIZ) in Österreich stärker Fuß zu fassen.4 Seit 21. März 1928 bringt sie eine vierseitige Österreich-Beilage heraus, allerdings ohne großen Erfolg. Im Frühjahr 1929 wird diese wieder eingestellt. Der Machtkampf zwischen Politische Bilder · Die Kultur der Arbeiterfotografie18
zurück zum  Buch Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945"
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.