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22 | Einleitung
in sozioökonomischer und ökologischer Hinsicht verändert. Der Zugriff der Stadt auf
dieses »Hinterland« hat sich im Verlauf der Zeit erweitert, partiell verlagert und damit
unterschiedliche Gebiete in unterschiedlicher Art und Weise betroffen.63
Der urbane Metabolismus ist dabei nicht nur als Denkfigur, sondern ebenso als
analytisches Konzept zu verstehen, welches von der Forschung oft als material flow
analysis in quantitativer Hinsicht bearbeitet wurde, wobei der Input/Output nach
Masse resp. Energiemenge erfasst wurde.64 Derartige Zugänge bergen die Problema-
tik, oft nur einen Zustand zu einem gewissen Zeitpunkt abzubilden oder auch einen
Durchschnittswert resp. eine Summe für einen Zeitraum zu errechnen, wenngleich
der urbane Metabolismus prozessualer und mitunter sehr volatiler Natur war.65 Da rü-
ber hinaus sind quantifizierende Ansätze für vormoderne Settings schwer umsetzbar,
da Daten vor der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lückenhaft und inkonsistent
sind, was speziell bei der Betrachtung längerer Zeiträume erhebliche Probleme be-
reitet.66 Weniger häufig wurde eine qualitative Perspektive eingenommen, also nach
der Beeinflussung des urbanen Metabolismus durch naturräumliche Voraussetzungen
oder natürliche Bedingungen, durch die spezifische Funktion der Stadt, die städtische
Verwaltungspraxis, durch Marktintegration und entwicklung, Konsummöglichkeiten,
durch technische, infrastrukturelle oder soziokulturelle Veränderungen gefragt.67
Das Metabolismuskonzept ermöglicht es, Themen wie Wasser, Luft, Boden, die
Zufuhr von und den Umgang mit Ressourcen, zudem den Zugriff der Stadt auf das
Hinterland zu bündeln und dadurch »die Beziehungen zwischen Städten und ihrer
Umwelt in einen Gesamtzusammenhang zu bringen« :68 Es können Wechselwirkun-
gen, der urban outreach, divergierende oder gegensätzliche Entwicklungen, uninten-
dierte Konsequenzen resp. die Externalisierung von Umweltproblemen in den Blick
genommen werden.69 Es sind Fragen nach Akteuren und deren Logik möglich, auch
danach, ob Aspekte des vormodernen Metabolismus nicht nur als automatische Reak-
tion auf eine pre-industrial economy of scarcity, sondern genauso als funktionelle Lö-
sungen gewertet werden können.70 Zudem kann die Materialität als strukturierendes
Element von Praktiken einbezogen werden, was Anknüpfungsmöglichkeiten an lau-
fende Diskurse in der Frühneuzeitforschung sowie der Stadt- und Umweltgeschichte
ermöglicht.71 Der Zugang über den urbanen Metabolismus kann auch helfen, Berei-
63 Barles/Knoll, Transitions ; Schott, Urbanisierung, 17 – 20 ; Hoffmann, Footprint ; Bai/Schandl, Ecology ;
vgl. Winiwarter/Knoll, Umweltgeschichte, 194 – 199.
64 Huang/Lee, Metabolism, 522 – 526 ; vgl. z. B. Kim/Barles, Energy.
65 Swyngedouw, Urbanization, 22.
66 Schott, Urbanisierung, 19.
67 Bai/Schandl, Ecology, 30 – 34.
68 Schott, Urbanisierung, 20 ; vgl. Tarr, Metabolism ; Schott, Resources, 9 – 11.
69 Heynen/Kaika/Swyngedouw, Ecology, 12 ; Hays, Role, 75 – 80.
70 Schott, Resources, 13f.; vgl. Barles/Knoll, Transitions, 34 – 36.
71 Vgl. Weber, Urbanisierung u. den Überblick bei : Knoll, Bodenhaftung.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364