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26 | Einleitung
politischer und sozioökonomischer Konstellationen zu verstehen und zu analysie-
ren.90
Zwei Naturgefahren,91 die in der vormodernen und sich modernisierenden Stadt
omnipräsent waren und sich dementsprechend relativ gut beobachten lassen, sind
Überschwemmungen und Brände. Wenn eine Stadt – wie Linz – an einem größeren
Fluss lag, dann stellten Hochwasser und die damit verbundenen Auswirkungen eine
periodisch wiederkehrende Erfahrung dar, die durch außergewöhnliche Extremereig-
nisse durchbrochen wurde. Dabei ist Hochwasser als ein anthropogen definiertes Er-
eignis zu sehen : Natürliche Fluktuationen eines Flusses wurden zur Gefahr, wenn
Menschen bzw. Besitz betroffen waren.92
Infolge der großen Anzahl von Feuernutzern, der dichten Bauweise und der Omni-
präsenz brennbarer Materialien in der Stadt war das Brandrisiko in der Vormoderne
relativ hoch. Auch andere Umweltkonstellationen, der Mangel an Löschwasser oder
klimatische Faktoren (Trockenheit und Wind) begünstigten den Ausbruch von Brän-
den. Das Brandrisiko verringerte sich bis ins 19. Jahrhundert erheblich – das Aus-
bleiben von Großbränden trotz steigender Bevölkerungszahlen hat die Forschung als
fire gap bezeichnet und auf ein verändertes Risikobewusstsein und Risikomanagement
verwiesen. Brände hatten auch sekundäre Wirkungen : Nach Großbränden ergaben
sich für die Städte Möglichkeiten der Umgestaltung und erhebliche Veränderungen
von umweltbezogenen Praktiken.93
Begrenzungen
Obgleich sich vergleichende Ansätze als probates Mittel der Geschichtswissenschaft
(und besonders der Stadtgeschichte) erwiesen haben, ist dies in diesem Buch nicht
intendiert : Die Umwelt eines städtischen Raumes ist als sehr spezifisch zu erachten
(schon im Hinblick auf naturräumliche Gegebenheiten), somit würde ein vergleichen-
der Ansatz – zumindest außerhalb eines größeren Projektverbundes – eine tieferge-
hende Analyse erschweren und wahrscheinlich in Oberflächlichkeit resultieren. Somit
beschränkt sich das vorliegende Buch auf die Untersuchung eines Exempels.
Die Gründe für die Auswahl des Fallbeispiels Linz liegen einerseits in der relativ
begrenzten Größe der Stadt, was es erlaubt, eine Analyse auf mittlerer Ebene durch-
zuführen, also etwa einzelne, konkrete Räume vertiefend zu bearbeiten, ausgewählte
Individuen innerhalb des städtischen Raumes zu verorten und somit sozioökonomi-
sche mit ökologischen Aspekten zu verbinden. Andererseits ermöglicht das Exempel
Linz, einen Blick auf eine Mittelstadt und ihre Umwelt zu werfen, worüber bislang
90 Mauelshagen, Klimageschichte, 90f.
91 Im Sinne von environmental hazards – vgl. dazu die Diskussion in : Benton-Short/Short, Cities, 122f.
92 Brázdil/Kundzewicz/Benito, Hydrology ; vgl. Mauelshagen, Klimageschichte, 121f. u. Cioc, Rhine, 33.
93 Garrioch, Fire ; Mauelshagen, Klimageschichte, 124 – 130 ; Schott, Urbanisierung, 178 – 181 u. 238f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364