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67Regierende
und Regierte |
ben : Von den rund 357.000 fl (ÖW), die die Stadt Linz 1876 eingenommen hatte,
stammten ca. 112.000
fl aus der Gemeindeumlage (ein Zuschlag auf diverse staatliche
Steuern), ca. 58.000 fl aus dem Zuschlag auf die Verzehrungssteuer, ca. 40.000 fl aus
dem »Zinskreuzer« (ein Zuschlag auf Mietzins) und der Rest aus anderen Einnah-
men, z. B. aus Vermietung und Verpachtung.152 Diese Einnahmen boten jedoch, so
eine rezente Untersuchung der Linzer Finanzpolitik, nur »unzureichende finanzielle
Handlungsmöglichkeiten«.153 Deshalb zielte die liberale Politik bis in die ausgehenden
1860er Jahre auf private Investitionen und auf Kofinanzierungen (über den Markt und
vor allem über den Staat) ab,154 danach rückte zunehmend die Finanzierung über am
Kapitalmarkt aufgenommene Kredite ins Blickfeld der Stadtpolitik. Als im November
1870 im Linzer Gemeinderat das Budget des Folgejahres diskutiert wurde, verwies der
Bürgermeister auf die Möglichkeit, infrastrukturelle Bauten über Kredite zu finan-
zieren, und betonte dabei, dass andere Städte – augenscheinlich dachte man hier vor
allem an Wien – dies bereits getan hätten.155 Zur Aufnahme eines umfangreicheren
Kredits kam es aber erst 1874 mit der »Millionenanleihe«, die man als notwendig »für
die Hebung der städtischen Wohlfahrt, für das Aufblühen der Donaustadt« und »die
Ausführung lange ersehnter Projekte« begründete.156 Finanziert wurde der Kredit, der
ab 1875 in neun Jahresraten ausgezahlt wurde, über eine Erhöhung der Gemeindeum-
lagen und des Zinskreuzers. Die liberale Mehrheit im Gemeinderat betrachtete die
langfristige Tilgung (über 50 Jahre) als gerechte Lösung, da eine direkte Finanzierung
»die Steuerträger der Gegenwart allein und um desto höher« belasten werde.157 Den
Kredit erhielt die Stadt von der »Allgemeinen Sparkasse«, die in Linz 1849 unter Be-
teiligung der städtischen Elite etabliert worden war, damit zahlreiche Überschneidun-
gen zur Stadtpolitik aufwies und zum Zeitpunkt der ersten Anleihe bereits über Ein-
lagen von angeblich 14 Millionen Gulden (ÖW) verfügte.158 Interessanterweise hatte
die Stadt noch in den 1850er Jahren weder von der »Allgemeinen Sparkasse« noch von
der Nationalbank 300.000 fl (ÖW) als Darlehen für die Errichtung eines Gaswerks
erhalten. Ab den beginnenden 1870er Jahren zeichnen sich für Linz steigende Aus-
gaben und ein steigendes Defizit deutlich ab,159 was auch für deutsche Großstädte als
generelle Tendenz festgestellt worden ist.160
152 Mittmannsgruber, Stadtverwaltung, 211f.
153 Kitzmantel, Finanzpolitik, 216.
154 Mayrhofer/Katzinger, Geschichte, Bd. 2, 137.
155 Pichler-Baumgartner, Weg, 37f.; Mittmannsgruber, Stadtverwaltung, 205 ; Kucera, Ausgaben, 49 – 55 ;
vgl. zu städtischen Krediten : Lenger, Metropolen, 42 – 44 ; Schott, Urbanisierung, 270 u. 304.
156 Krackowizer, Landeshauptstadt, 2.
157 Eine ähnliche Argumentation findet sich beim ersten Wiener Darlehen 1866 – Pichler-Baumgartner,
Weg, 37f.; vgl. Mittmannsgruber, Stadtverwaltung, 206.
158 Lackner/Stadler, Fabriken, 33 – 36 u. 49 ; Wacha, Sparkasse, 292f. u. 302 ; vgl. Commenda, Linz, 237.
159 Mittmannsgruber, Stadtverwaltung, 205.
160 Lenger, Metropolen, 156.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364