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85Differenzierungen
von Wasser |
Donau genutzt, was zur Etablierung von kleingewerblichen Strukturen führte, die in
der Gegend von Gründberg, St. Magdalena und Katzbach teilweise bis ins 20. Jahr-
hundert bestanden.85
Diese Praktiken deuten auf eine Reflexion über die Eigenschaften des städtischen
Wassers hin : Für die verschiedenen Nutzungen wählte man oftmals verschiedene Be-
zugsquellen. Flusswasser, das in anderen Städten als Trinkwasser verwendet wurde,86
trank man in Linz offenbar nicht, zumindest gibt es dafür keine Belege. Unklar ist, ob
dies mit Überlegungen zur Wasserqualität zusammenhing ; starke Vorbehalte gegen
den Bezug von Trinkwasser aus der Donau wurden im 19. Jahrhundert geäußert (vgl.
unten). Möglicherweise hatte dies auch naturräumliche Gründe : Die starke Dynamik
der Donau hätte die Errichtung von Wasserschöpfwerken zu einer – in finanzieller
Hinsicht – unklugen Investition gemacht.
In den Quellen finden sich nur sehr wenige explizite Äußerungen zur Qualität von
Wasser : Man habe nun eine neue Wasserleitung mit »gutem« Wasser, vermerkt die
Hauschronik des Urfahrer Kapuzinerklosters 1747.87 Man habe im neu gegrabenen
Brunnen »schmeckende[s]« Wasser vorgefunden, berichtete der Verwalter des in der
Unteren Vorstadt gelegenen Deutschordenshauses im August 1721, nach dem Auf-
schöpfen sei der schlechte Geschmack weniger geworden.88 Neben dem Geschmack,
dem Geruch und dem Aussehen (meist Klarheit) bildete auch die Temperatur des
Wassers einen Qualitätsindikator : Der Ziehbrunnen eines an der südlichen Peripherie
gelegenen Bauernhofes habe, so hieß es in einer Beschreibung aus dem Jahr 1720,
»beständig unnd frisches Wasser«.89 Häufiger sind implizite Hinweise zu einem vor-
handenen Bewusstsein über die Qualität von Wasser : Es bestanden zahlreiche Vor-
schriften und Praktiken, die einer Verunreinigung des Wassers vorbeugen sollten, wie
Brunnenordnungen, Wasserbehältnisse oder Abdeckungen an den Brunnen, dazu fin-
den sich regelmäßige Ausgaben für das Reinigen von Brunnen.90 Eine Belastung des
Grundwassers durch Sickerwässer wurde offenbar jedoch lange Zeit unterschätzt (vgl.
Kap. 5. Zirkulationen und Output).91
Im 18. Jahrhundert verstärkte sich – nicht nur in Linz – der Diskurs zu Badeku-
ren und Heilwasser. Dies betraf zwar eher mittlere und obere soziale Schichten, es
sensibilisierte möglicherweise aber zunehmend für das Thema der Trinkwasserqua-
85 LR BIIB2, Reg. 507 (28), 11.4.1767 ; Grünn, Wäschergewerbe, 581 – 589 u. 595 ; Bohdanowicz, Pöst-
lingberg, 221f.
86 Vgl. Suter, Wasser, 41 – 50 ; Tomory, Water, 704 u. 707 – 714.
87 LR E1a, Reg. 425 (85).
88 LR CIIIH1 – 3, Reg. 478 (316f.).
89 Ebd., Reg. 415 (266f.).
90 AStL, HS 859 (Kerschbaum, Chronologische Notizen, Teil 2, undat.), eingeklebt bei fol. 87 ; LR CIIIC3,
Reg. 537 (226f.) ; AStL, HS 439 (Unterkammeramtsrechnung 1824), pag. 70 ; vgl. dazu Massard-Guil-
baud, Einspruch, 79f. u. Suter, Wasser 84 – 88.
91 Massard-Guilbaud, Einspruch, 80.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364