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128 | Energie und Biomasse
Arbeiter/innen oder Dienstleister/innen angenommen.142 Für Linz gab der »Franzis-
zeische Kataster« den jährlichen Fleischkonsum von erwachsenen landwirtschaftli-
chen Arbeitskräften mit 179,3 Kilogramm (davon 162,4 Kilogramm Rindfleisch) an
und den Getreidekonsum mit 331,1
Kilogramm (davon Weizen 12,9
Kilogramm), was
für diese Zeit
– die frühen 1830er Jahre
– eine sehr große Menge darstellt, an der man
durchaus Zweifel äußern kann (vgl. Tab. 17).143 Für das 18. Jahrhundert lässt sich
der Pro-Kopf-Verbrauch schwerer abschätzen : Aus den 1720er Jahren ist eine Auf-
stellung über die Lebensmittelkosten eines stadtnahen Bauernhofes überliefert, die
sogar Mengenangaben enthält. Für die sechs (offenbar erwachsenen) Arbeitskräfte
veranschlagte man jährlich 30 Metzen Roggen, 9 Metzen Gerste und 3 Metzen Wei-
zen, dazu wöchentlich 7
Pfund Rindfleisch und 3,5
Pfund Getreidebrei.144 Dies wären
durchschnittlich pro Person – wobei auch hier in der Praxis keine Gleichverteilung
anzunehmen ist
– jährlich ca. 162
Kilogramm Roggen, 44
Kilogramm Gerste, 17
Kilo-
gramm Weizen, 17 Kilogramm Haferbrei und 34 Kilogramm Fleisch. Dies liegt nahe
an anderen für das 18. und 19. Jahrhundert errechneten und geschätzten Werten.145
Wenn man nun für das 18. Jahrhundert den Pro-Kopf-Verbrauch von Getreide mit
220 Kilogramm und für das 19. Jahrhundert mit 180 Kilogramm annimmt, dann be-
nötigte Linz in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts jährlich zwischen 2.500 und
3.000 Tonnen Getreide für den menschlichen Verbrauch und hundert Jahre später
rund 5.000 Tonnen.
Dazu kamen signifikante Mengen für die Nutztiere in der Stadt und in den Vor-
städten : 1719 kaufte die Linzer Dependance des Deutschen Ordens 600 Metzen
Hafer (i.e. rund 14 Tonnen) an.146 Wenn man davon ausgeht, dass ein Pferd täglich
3,5 Kilogramm Hafer benötigte,147 dann bedeutete dies für 500 Pferde eine Gesamt-
menge von jährlich rund 640
Tonnen Hafer. Dies passt relativ gut zu den Angaben, die
für die Anzahl der Pferde und für die Einfuhr von Hafer greifbar sind : 1834 wurde für
696 Tonnen Hafer Verzehrsteuer bezahlt und 1853 für 777 Tonnen.148
Die Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln erfolgte nur teilweise über die Ei-
genproduktion, der größte Teil wurde – wie in anderen Städten – über Lebensmit-
telgewerbe und handel bezogen.149 Die städtische Obrigkeit verhielt sich dabei in
der Regel relativ passiv, bis ins 19. Jahrhundert bestanden lediglich Höchstpreis-
festsetzungen und ein gewisser Marktzwang, wobei Linz nicht über einen eigenen
142 Ebd., 280.
143 Ebd., 285f.
144 LR CIIIH1 – 3, Reg. 461 (299 – 302) ; vgl. zu den Gewichtseinheiten das Kap. Maßeinheiten und Wäh-
rungen.
145 Vgl. Sandgruber, Anfänge, 135.
146 LR CIIIH1 – 3, Reg. 292 (161f.).
147 So eine Angabe aus den 1740er Jahren : LR BIIA40, Reg. 19606 (57).
148 Tafeln zur Statistik 7 (1834), unpag.; LAB, 25.7.1855.
149 Vgl. Reith, Umweltgeschichte, 25, 66 u. 129f.; Gierlinger, Food.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364