Seite - 135 - in Transformationen städtischer Umwelt - Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
Bild der Seite - 135 -
Text der Seite - 135 -
135Lebensmittel
: Lokaler Bedarf und lokale Versorgung |
Obst hin, für die Verzehrsteuer bezahlt wurde (vgl. Tab.
16). Größere Gärten konnten
eine Verdienstmöglichkeit bieten : 1721 hatte man die Einnahmen, die man aus einem
ca. 1.300
Quadratmeter großen Garten lukrieren könne, auf jährlich 40
fl für Gemüse
und Kräuter und 50 fl für Obst geschätzt, was den Jahresverdienst eines Taglöhners
überstieg.187 Für den umfangreichen
– und intensiv genutzten
– Garten des Ursulinen-
klosters verzeichnete man 1788 Einnahmen von 210 fl 6 kr 12 d, hingegen Ausgaben
(für Handwerker, Taglöhner und Dünger) von nur 68
fl 18
kr. Spürbar stolz errechnete
die Buchführerin der Ursulinen einen Reinertrag von 150 fl jährlich für die letzten 20
Jahre, was als »Jahreszinsen« bezeichnet wurde und damit auf ein Verständnis des Gar-
tens als Investitions- und Erwerbsobjekt hindeutet.188 Diese Strategie scheint auch
funktioniert zu haben : In den 1790er Jahren übertrafen die Einnahmen die Ausgaben
und Investitionen zumindest um das Doppelte, meist um das Dreifache.189
Die »fruchtbarsten Feldern und schattenreichsten Meyerhöfe«, so liest man in einer
Reisebeschreibung aus den 1780er Jahren, schlossen an die Bebauung und die Gärten
der Vorstädte an.190 Auch diese Bauernhöfe verfügten über Hausgärten : 1722 wurden
in einer Beschreibung des am südlichen Ende der Vorstädte gelegenen Stockhofes
ein »Blumbgärtl« mit »Zwerg Baumben und Weinreben« und ein »Kuchlgartten« er-
wähnt, zudem ein um den Hof angelegter »Baumbgartten« mit Obstbäumen und
Grasnutzung.191 Die Äcker profitierten von den ertragreichen Böden der Hoch- und
Niederterrassen, die der bayerische Botaniker Franz de Paula Schrank als »vortreffli-
ches Erdreich« einschätzte, lediglich weiter südlich sei alles nur »noch ein unermeß-
licher Schutt kleiner Kiesel«.192 Der »Franziszeische Kataster« der 1830er Jahre dif-
ferenzierte deutlicher : In der Oberen Vorstadt wurden die Felder auf der Gugl, am
Spallerhof und bei Niedernreith als sehr ertragreich eingestuft, die überwiegend für
den Anbau von Getreide genutzt wurden. Eine schlechtere Eignung des Bodens und
geringere Erträge wurden – aufgrund der Donaunähe – für die östlichen und nord-
östlichen Teile der Unteren Vorstadt konstatiert, aber dennoch dominierte auch hier
die Ackernutzung, besonders der Anbau von Getreide. Als Haupterzeugnisse werden
im Kataster Weizen, Roggen, Gerste und Hafer genannt, zudem Klee, »etwas« Wi-
cken, als »Nebenbau« Kartoffel und Kraut, als »Nachbau« Rüben und »Kühfutter-
Getreide«. Der Kartoffelanbau war noch begrenzt und wurde nur auf ein Vierzigstel
der Fläche geschätzt. Die Fruchtfolge bildete in beiden Vorstädten die Regel, Bra-
chen waren die Ausnahme. Gärten und Äcker wurden intensiv bewirtschaftet und
größtenteils auch regelmäßig gedüngt : Man entnehme den Dünger »größtentheils«
187 LR CIIIH1 – 3, Reg. 447 (288 – 290).
188 Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 1, 615f.; LR E1b, Reg. 1804 (100).
189 LR E1b, Reg. 1836 (105f.) ; ebd., Reg. 1843 (106f.) ; ebd., Reg. 1856 (109) ; ebd., Reg. 1880 (115) ; Reg.
1898 (118) ; ebd., Reg. 1925 (122).
190 Füssel, Tagbuch, 222.
191 LR CIIIH1 – 3, Reg. 548 (373 – 379).
192 Schrank/Moll, Briefe, 22.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364