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147Recycling-Mentalität
und Praxis |
zu verstehen : Altmaterial wurde zu Ausbesserungsarbeiten verwendet und konnte di-
rekt als Bezahlung für Dienstleistungen dienen.20
Dem Wert der Gegenstände entsprechend bemühte man sich »um eine möglichst
lange Gebrauchsdauer« der Dinge, was eine entsprechende Pflege und Ausbesse-
rungsarbeiten implizierte.21 Ob und wie man etwas reparierte (oder reparieren ließ),
war dabei durchaus eine situative Entscheidung, die sich an einem Abwägen von
Kosten und Nutzen orientierte, aber auch mit individuellen Einschätzungen und
Wertzuschreibungen zusammenhing.22 Anlässlich der Reparatur einer Kirchentür
1797 gaben die Linzer Landstände zu bedenken, dass eine Ausführung mit Hart-
holz zwar doppelt so teuer sei wie eine Türe aus weichem Holz, dafür halte diese
aber – im Vergleich mit den »vielleicht sieben Jahren« Lebensdauer der billigeren
Variante – länger als 30 Jahre. Schließlich entschied man sich für die dauerhaftere
Lösung.23
Begünstigt wurden außerhäusliche Reparaturen und Umarbeitungen durch den
meist hohen Materialwert und vergleichsweise niedrige Arbeitslöhne.24 Das Repa-
rieren war auch in wohlhabenden Haushalten anzutreffen, wie die Ausgabenbücher
der Patrizierfamilie Thürheim zeigen : In drei Monaten des Jahres 1700 wurde ein
Büchsenmacher für Reparaturen und Wartungsarbeiten an Pistolen und einer Flinte
bezahlt, ein Kupferschmied für Ausbesserungen an Kochkesseln und am Leibstuhl,
ein Taschner für die Reparatur eines Sessels und ein Tischler für Reparaturen an ver-
schiedenen Einrichtungsgegenständen.25 Regelmäßig wurden in diesem Haushalt
auch Kleidungsstücke und Schuhe von außerhäuslichen Dienstleistern/innen »auß-
gebässert«, »zurechtgemacht« oder »dopelt«.26 Für das städtische Handwerk war das
Reparieren ein wichtiger Erwerbsbereich, der aber vergleichsweise wenig Spuren in
den Quellen hinterlassen hat.27 Es finden sich Hinweise in Handwerkerinventaren28
und – vor allem für das 19. Jahrhundert – in den Linzer Zeitungen : 1821 wurde eine
»Pfannenflickerbehausung« versteigert,29 1822 vergab das Militär Flickarbeiten der
20 LR BIIG8, Reg. 5210 (116) ; LR BIIA31, Reg. 18512 (36 – 62) ; vgl. OÖLA, Herrschaftsarchiv Wein-
berg, Sch. 643 u. Sch. 661.
21 Sandgruber, Anfänge, 316.
22 Vgl. Stöger, Konsumieren ; vgl. die zahlreichen Beispiele in OÖLA, Herrschaftsarchiv Weinberg, Sch.
643 u. Sch. 661.
23 LR BIIA41, Reg. 19835 (33).
24 Vgl. EdN, s.v. Reparatur u. Stöger, Sustainability, 148.
25 LR BIIG8, Reg. 4726 (37) ; ebd., Reg. 4730 (38) ; ebd., Reg. 4732 (38) ; ebd., Reg. 4733 (38).
26 Ebd., Reg. 5045 (91) ; ebd., Reg. 5109 (102) ; ebd., Reg. 5461 (153) ; ebd., Reg. 5599 (172) ; ebd., Reg.
5740 (191) ; ebd., Reg. 5962 (222) ; OÖLA, Herrschaftsarchiv Weinberg, Sch. 643.
27 Vgl. Stöger, Sustainability, 148.
28 LR BIIB1, Reg. 74 (71f.).
29 LZ/AB, 29.6.1821 (im Schullertal, Konskr.-No. 988).
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364