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148 | Zirkulationen und Output
Bettwäsche per Versteigerung30 und 1839 bot ein »Reparateur […] auf der Durchreise«
die Ausbesserung von Glas- und Porzellangeschirr an.31
Am Ende der Lebensdauer von Gegenständen wurde das Material genutzt – in
den Haushalten und auch außerhalb davon : Vormoderne Menschen seien, so Donald
Woodward, »notorious recyclers« gewesen.32 Impetus waren die in vielen Bereichen
hohen Materialpreise und die teilweise nur begrenzt verfügbaren neuen Materialien.
Wenig überraschend war das Wiederverwerten besonders bei Altmetallen sehr aus-
geprägt : Inventare Linzer Metallhandwerker dokumentieren einen umfangreichen
Altmetallbesitz.33 Als man 1788 den Kirchturm des Ursulinenklosters renovierte, ver-
brauchte man 3 Zentner und 17 Pfund neues Kupfer, vom alten Kupfer wurden 64
Pfund wiederverwendet, die Kupferreste (»Abschnittkupfer«) verkaufte man an einen
Schmied.34 Drei Kupferschmiedmeister und zwei jüdische Händler suchten im Jahr
1800 darum an, das beim Stadtbrand geschmolzene Kupfer des Landhausturmes an-
kaufen zu können. Schließlich entschlossen sich die Landstände – »nach langen Be-
ratungen« – dazu, das Kupfer nicht zu verkaufen, sondern von einem Steyrer Kupfer-
schmied umgießen zu lassen und es beim Wiederaufbau des Turmes zu verwenden.35
Bis ins 19. Jahrhundert basierte die Papierproduktion auf Recycling : Neben Altpa-
pier wurden vor allem Textilreste (Lumpen)
– im österreichischen (und Linzer) Raum
allgemein als »Hadern« oder »Strazzen« bezeichnet – verwendet. Im Linzer Raum
gab es vermutlich nur einzelne kleine Papiermühlen, ein Betrieb ist für das 16. Jahr-
hundert in St. Magdalena jenseits der Donau belegbar. Vielleicht ist dieser Standort
mit der ab dem frühen 19. Jahrhundert öfters erwähnten Mühle im nahegelegenen
Steg ident, in der in den 1820er Jahren große Teile des städtischen Archivs skartiert
wurden.36 Angeblich wurden damals »neun Zehntel aller Handschriften […] an den
Papiermüller von Steg verkauft, der pro Zentner fünf Gulden bezahlte« (vgl. unten).37
Zumindest in den 1830er Jahren bestanden noch zwei kleinere Betriebe flussaufwärts
in St. Margarethen und Ottensheim, wahrscheinlich gingen die Linzer Lumpen aber
hauptsächlich in die größeren Betriebe des oberösterreichischen Alpenvorlandes.38
Lumpen waren kein Abfall, sondern ein begehrter Rohstoff, dessen Sammlung eine
30 LZ/IB, 29.3. 1822 – was auch das Waschen mit einschloss.
31 LZ/IB, 27.9.1839.
32 Vgl. Woodward, Swords, 190 ; Stöger/Reith, Recycling u. zum 19. Jahrhundert : Strasser, Waste, 53 – 67.
33 LR BIIB1, Reg. 155 (122f.) ; ebd., Reg. 359 (207) ; LR BIIB2, Reg. 483 (21f.) ; LR BIIB4, Reg. 1699
(81) ; ebd., Reg. 1795 (110).
34 LR E1b, Reg. 1797 (99).
35 Awecker, Brand, 38 ; LR BIIA41, Reg. 20012 (183).
36 Thiel, Papiererzeugung, 119 ; Lackner/Stadler, Fabriken, 101f.
37 Ebner/Ebner/Weißengruber, Literatur, 92 ; das erscheint im Hinblick auf den genannten Preis und auf
vergleichbare Aktionen in dieser Zeit durchaus plausibel – vgl. LZ/AB, 30.4.1824.
38 LZ/IB, 14.3.1828 ; Heinse, Linz, 2. Aufl., 92 ; Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 2, 1519 ; vgl. LZ/IB,
21.10.1831 und für eine spätere Zeit : Statistischer Bericht 1876, 568f.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364