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218 | Geordnete und modifizierte Umwelt
belebt.112 Die Thürheim’schen Ausgabenrechnungen des frühen 18. Jahrhunderts deu-
ten auf eine intensive Beschäftigung mit dem Garten hin : Es finden sich Buchbinder-
rechnungen für Bücher wie »Der verständige Gartenmeister«, »Die Garten Lust«, »Der
kuriose Pfropf- und Oculier-Meister«, »Der wohlerfahrene Zwergbaummeister« oder
»Die Garten Parterres«,113 auch Ankäufe von Titeln wie »Granat-Apfel« und »An-
weisung zur Baumzucht«.114 Die Landstände unterhielten ebenso eigene Ziergärten :
Bei der ständischen Reitschule (dem späteren Theater) in der Oberen Vorstadt gab
es zwei »Lusthäuseln« und einen Garten, den der Syndikus nutzte und der später als
»Casin[o]-Gartl« bzw. »Theatergarten« bezeichnet wurde.115 Dazu kamen die Ziergär-
ten im Zwinger und Graben beim Landhaus und beim (ehemaligen) Minoritenklos-
ter.116 Derartige Gärten kann man als städtische Naturnachahmung sehen, die sich als
»nicht-Ort« (»U-Topie«), »als Abbild und Begriff [von], als Sehnsucht und Hoffnung«
nach Natur gegen die naturferne Stadt richtete.117
Aber nicht nur städtische Institutionen und Eliten nutzten und schufen Gärten zur
Freizeitgestaltung : Bereits vor dem 19. Jahrhundert verfügten viele Gasthäuser über
Gastgärten, in denen man – wie ein Linz-Besucher der 1780er Jahre vermerkte – »eine
Menge Volks sich ergötzen« sehen konnte.118 Er selbst besuchte ein Gasthaus, »das ei-
nen schönen Garten mit einem Gartenhauß und schattichten Lauben« und »Aussicht«
auf die Donau besaß.119 Zahlreicher wurden die vorstädtischen Gastgärten während des
ersten Drittels des 19. Jahrhunderts – zumindest stammen aus dieser Zeit die meisten
Hinweise.120 Dazu kamen Gärten, die gegen Bezahlung eines Eintrittsgeldes besucht
werden konnten, etwa der ehemalige Jesuitengarten (»Mayreder-Garten«) östlich der
Landstraße oder das »Hagerstöckl« beim Kapuzinerkloster.121 Zum Ende der 1830er
Jahre gab der Topograph Benedikt Pillwein einen Überblick zu sehenswerten Gärten
in Linz : Neben den Klostergärten fand Pillwein den Garten des ehemaligen Freihau-
ses Starhemberg in der Herrenstraße erwähnenswert, zudem die Gärten »beim Berg-
schlößchen, beim Alumnate, beim Niklashause (wegen der Hopfenanlage seit 1833),
beim Schlaferwirthe, beim ökon.[omischen] Magistratsrathe Huemer an der Kaplan-
hofstraße […], beim sogenannten Hagerstöckl, [beim Gasthaus] zum römischen Kaiser,
112 LR BIIG8, Reg. 4791 (50) ; ebd., Reg. 5527 (162) ; ebd., Reg. 5392 (143).
113 LR BIIG8, Reg. 4876 (64).
114 LR BIIG8, Reg. 5024 (87).
115 Depiny, Aufzeichnungen, 180 ; LR BIIA24, Reg. 17276 (129f.) ; LR BIIA42, Reg. 20069 (15) ; vgl.
Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 2, 110.
116 LR BIIA41, Reg. 19918 (90) ; OÖLA, Landschaftsakten, Alte Registratur, Sch. 96, D.XV.3/No.
21/4 ;
LR BIIA42, Reg. 20137 (70f.) ; vgl. Bohdanowicz, Vorstädte, Bd. 2, 90 u. 108f.
117 Lefebvre, Revolution, 31, 45, 117 u. 140.
118 Füssel, Tagbuch, 235.
119 Ebd., 238.
120 Vgl. z. B. Heinse, Linz, 1. Aufl., 93 ; LZ, 30.6.1806 ; Pillwein, Beschreibung, 84.
121 Gielge, Beschreibung, 135.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Transformationen städtischer Umwelt
Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Titel
- Transformationen städtischer Umwelt
- Untertitel
- Das Beispiel Linz, 1700 bis 1900
- Autor
- Georg Stöger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21233-1
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 368
- Schlagwörter
- Umweltgeschichte, Stadtgeschichte, Nachhaltigkeit
- Kategorie
- Geographie, Land und Leute
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 11
- 2. Kontexte : Linz 1700 bis 1900 36
- 3. Wasser 75
- 4. Energie und Biomasse 109
- Omnipräsenz des Brennholzes 109
- Die langsame Transition zur fossilen Energie 118
- Pferde und Wasser : Erneuerbare Antriebsenergie 123
- Lebensmittel : Lokaler Bedarf und lokale Versorgung 127
- Dritter bis sechster »Kreis« : Lebensmittel aus dem Um- und Hinterland 137
- Modifikationen der Lebensmittelversorgung 141
- 5. Zirkulationen und Output 145
- 6. Fluviale und aquatische Räume 185
- 7. Geordnete und modifizierte Umwelt 205
- 8. Natur der Städter – Natur für Städter 232
- 9. Epidemie 253
- 10. Versorgungskrise 274
- 11. Naturgefahr 290
- 12. Logiken und Akteure des Existenten und des Wandels 324
- Literatur- und Quellenverzeichnis 332
- Archivalien und ungedruckte Quellen 332
- Datenbanken 333
- Periodika 333
- Gedruckte Quellen und Literatur 334
- Anhang 358
- Verzeichnis der Tabellen und Grafiken 358
- Abbildungsnachweis 359
- Währungen und Maßeinheiten 360
- Hinweise zu den kartographischen Darstellungen 362
- Abkürzungen 364